Sprache:"Zeitenwende" ist Wort des Jahres

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Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar bei seiner "Zeitenwende"-Rede. (Foto: Hannibal Hanschke/Getty Images)

Das gibt die Gesellschaft für deutsche Sprache bekannt. Auf den Plätzen zwei und drei landen "Krieg um Frieden" und "Gaspreisbremse".

Von Laurenz Gehrke

Weltweit hat nichts das Jahr 2022 so geprägt wie der historisch einschneidende Überfall Russlands auf die Ukraine und der Krieg seitdem im Osten Europas. Um der Schwere des Ereignisses Rechnung zu tragen, hat Bundeskanzler Olaf Scholz in einer Bundestagsrede am 27. Februar von einer regelrechten "Zeitenwende" gesprochen. Der Begriff ist nun Wort des Jahres 2022.

Das gab die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden am Freitagvormittag bekannt. Ihre Begründung: Der Kanzler habe den ursprünglich für den Beginn der christlichen Zeitrechnung verwendeten Begriff in einem "zweiten Sinne" gebraucht. "Die deutsche Wirtschafts- und Energiepolitik musste sich völlig neu ausrichten. Verhältnisse zu anderen internationalen Partnern wie China wurden gleichfalls kritisch beleuchtet. Bei vielen Menschen fand auch eine emotionale Wende statt", heißt es in der Begründung weiter. Seit dem Beginn des Krieges sei gar Angst vor Atomkrieg und drittem Weltkrieg zu spüren gewesen.

Mit der Aktion "Wörter des Jahres" kürt die GfdS regelmäßig Begriffe, die das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben nach Ansicht der Jury sprachlich in besonderer Weise bestimmt haben. Auf Platz zwei landete diesmal "Krieg um Frieden", gefolgt von "Gaspreisbremse" auf Platz drei. Somit stehen die ersten drei Plätze in direktem Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine.

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"Wir erleben eine Zeitenwende. Und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor", hatte Scholz drei Tage nach Kriegsbeginn gesagt. "Im Kern geht es um die Frage, ob Macht das Recht brechen darf, ob wir es Putin gestatten, die Uhren zurückzudrehen in die Zeit der Großmächte des 19. Jahrhunderts, oder ob wir die Kraft aufbringen, Kriegstreibern wie Putin Grenzen zu setzen."

Der Krieg hat alte Überzeugungen zunichtegemacht

Der Begriff ist seitdem eng mit der Ukraine-Politik der Bundesregierung verwoben. Er beschränkt sich dabei aber nicht nur auf die neue Realität, die Putin mit seinem Überfall geschaffen hat, sondern bezeichnet auch die Anstrengungen, die Deutschland unternehmen muss, um in kurzer Zeit jahrzehntealte Überzeugungen zu überdenken, wie etwa die Weigerung, Waffen in Kriegsgebiete zu liefern, oder die Annahme, extreme Energieabhängigkeit von Russland sei nicht problematisch.

Im vergangenen Jahr war " Wellenbrecher" zum Wort des Jahres gekürt worden, weil die damals seit beinahe zwei Jahren den Alltag überschattende Corona-Pandemie (Wort des Jahres 2020) den Begriff immer wieder in politische und gesellschaftliche Debatten spülte. Das Wort beschreibt - außerhalb seines eigentlichen Ursprungs im Küstenschutz - einen Lockdown, der so streng geartet ist, dass er eine sich aufbäumende Infektionswelle zu brechen vermag.

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