SZ-Serie "Ein Anruf bei...":"Die Erfinder haben mir zum Absturz ihres eigenen Spiels gratuliert"

Lesezeit: 3 min

Willis Gibson war Ende Dezember der erste Spieler, der die ursprüngliche Nintendo-Version des Spiels offiziell "besiegte". (Foto: Uncredited/Willis Gibson/AP/dpa)

Knapp 40 Jahre nach der Erfindung des Klassikers "Tetris" hat der 13-jährige Willis Gibson es geschafft, das Spiel erstmals zu bezwingen. Im Interview verrät er, welche Ziele er jetzt noch hat.

Interview von Jasper Bennink

21. Dezember 2023 in einem Kinderzimmer in Stillwater im US-amerikanischen Bundesstaat Oklahoma: Willis Gibson springt von seinem Schreibtischstuhl auf, flüstert mehrmals ungläubig "Oh, mein Gott". Der 13-Jährige hat als erster Mensch ein so hohes Level in dem Spiele-Klassiker "Tetris" erreicht, dass der Code fehlerhaft ist und das Spiel abstürzt. Vor ihm schaffte das nur eine KI. Bei "Tetris" muss der Spieler von oben immer schneller herabfallende Spielsteine blitzschnell drehen und so platzieren, dass unten waagrechte Reihen vervollständigt werden. Beim Videocall mit der SZ sitzt Willis Gibson genau dort, wo er auch den Rekord aufgestellt hat. Das Gaming-Licht strahlt, im Hintergrund wartet der Hund der Familie. Willis' Mutter Karin Cox sitzt neben ihrem Sohn.

SZ: Willis, du hast 2021 als Elfjähriger mit dem Tetris-Spielen angefangen. Wie bist du überhaupt dazu gekommen, das Spiel auszuprobieren?

Willis Gibson: Bevor ich mit Tetris angefangen habe, habe ich schon Minecraft und ein paar andere Spiele gespielt. Ich habe Tetris dann zufällig durch Youtube-Videos entdeckt, die ich mir angeschaut habe. Ich habe direkt gedacht: Oh, das sieht echt interessant aus.

Aber wer das Spiel schon mal gespielt hat, weiß: Es ist verdammt schwer. Wie wird man denn ein guter Tetris-Spieler?

Willis Gibson: Also, erst mal braucht es einfach sehr viel Training. Ich trainiere ungefähr 20 Stunden pro Woche.

20 Stunden!

Willis Gibson: Verschiedene Youtube-Videos haben mir geholfen, weil sie mir gezeigt haben, wie ich effizienter trainieren kann und worauf ich im Spiel achten muss, um immer wieder eine neue persönliche Bestleistung zu erreichen. Ich weiß inzwischen bei allen Blöcken sofort, wie ich sie am besten platzieren kann.

Willis Gibson, 13, aus Stillwater, Oklahoma, spielt seit 2021 "Tetris" und nimmt auch an professionellen Turnieren teil. (Foto: David MacDonald)

Bei deinem Rekord hat dir dann, wie zu lesen war, auch eine spezielle Strategie geholfen. Verrätst du uns dein Geheimnis?

Willis Gibson: Also, ich spiele mit einem normalen Controller ...

Karin Cox: Einen Moment, bitte, er sucht schnell nach seinem Controller. In seinem Alter hilft ihm das, um zu erklären, was er genau macht, wenn er spielt.

Willis Gibson: Ich habe einen normalen Nintendo-NES-Controller. Während des Spiels nutze ich die Rolling-Technik. Ich drücke mit einer Hand die Knöpfe, die die Blöcke nach rechts und links verschieben und tippe mit den Fingern der anderen Hand an die Rückseite des Controllers. Spät im Spiel fallen die Blöcke innerhalb einer Drittelsekunde. Mit der Rolling-Strategie kann ich die Teile 30 Mal in einer Sekunde bewegen. Nur so kann ich schnell genug reagieren, um die Teile richtig einzuordnen. Und auch nur so komme ich richtig weit im Spiel.

Niemand hat es im Spiel jemals weiter geschafft als du. War es schon länger dein Ziel, das Spiel zum Absturz zu bringen?

Willis Gibson: Nein, bis vor Kurzem wusste ich nicht einmal, dass es überhaupt möglich ist. In der Community ist es in letzter Zeit aber immer mehr zum Thema geworden, dass Tetris crashen kann. Also habe ich mir gedacht, ich probiere es einfach mal.

Karin Cox: Eigentlich ist es nicht das Ziel der Spieler, besonders der jungen Spieler, überhaupt so lange am Stück zu spielen. Auch bei Wettbewerben geht es vor allem darum, möglichst viele Punkte in kürzester Zeit zu erreichen. Dort spielt man nur bis zum Level 39 und nicht bis zum Level 157, bei dem das Spiel jetzt abgestürzt ist. Also trainieren die meisten professionellen Spieler nicht dafür, das Spiel zum Absturz zu bringen, weil es viel zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Man muss sich das wie einen Marathon vorstellen, wenn man eigentlich für einen Sprint trainieren möchte.

Aha. Was hat deine Leistung denn für eine Reaktion in der Community ausgelöst, Willis?

Willis Gibson: Insgesamt war die Reaktion superpositiv. Die Mitglieder der Community unterstützen sich aber ohnehin immer gegenseitig. Besonders cool war es, dass ich sogar Glückwünsche von den Erfindern des Spiels bekommen habe.

Karin Cox: Er lächelt immer noch darüber.

Willis Gibson: Sie haben mich während eines Zoom-Calls überrascht. Ich habe wirklich nicht erwartet, dass sie mir zum Absturz ihres eigenen Spiels gratulieren.

Welche Tetris-Ziele bleiben denn nun überhaupt noch für einen 13-Jährigen, der das Spiel derart durchgespielt hat?

Willis Gibson: Vor allem möchte ich mich jetzt erst einmal auf Turniere konzentrieren. Ich möchte mehr von ihnen gewinnen. Gleichzeitig möchte ich weiter an meinem Rekord arbeiten. Ich werde auf jeden Fall versuchen, mehr Punkte und ein noch höheres Level zu erreichen, bevor das Spiel abstürzt.

Weitere Folgen der Serie "Ein Anruf bei ..." finden Sie hier .

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMythen übers Schnarchen
:Der Elefant im Schlafzimmer

Chrrr. 30 Millionen Menschen in Deutschland schnarchen. Sind das vor allem Männer? Hat das einen evolutionären Sinn? Und warum macht uns das so aggressiv?

Von Violetta Simon; Illustration: Jessy Asmus

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: