Münster/Gummersbach/Viersen (dpa/lnw) - Angesichts anhaltend hoher Waldbrandgefahr und verheerender Großbrände fordern Experten einen höheren Stellenwert für vorbeugenden Brandschutz in Wäldern. Dazu sei eine enge Zusammenarbeit zwischen Feuerwehren, Forstleuten und Naturschützern nötig, unterstrich Waldbrand-Experte Ulrich Cimolino vom Deutschen Feuerwehrverband.
Ein Problem stelle derzeit die große Menge an totem Holz in den Wäldern dar, warnte auch der Vorsitzende der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb), Dirk Aschenbrenner. Gerade bei längeren Trockenphasen mit starkem Wind bestehe die Gefahr, dass sich Feuer entwickeln können, „die wir in Deutschland seit Jahren nicht mehr gesehen haben“, warnte Aschenbrenner.
Seit Montag brennt es immer wieder in der Heide- und Waldlandschaft südöstlich von Roermond im deutsch-niederländischen Grenzgebiet. Betroffen ist vor allem der Nationalpark De Meinweg auf niederländischer Seite. Dort war das Feuer am Donnerstag unter Kontrolle und die 4000 Bewohner des nahe gelegenen Ortes Herkenbosch konnten in ihre Wohnungen zurück. Auf deutscher Seite fachte der Wind die Glutnester immer wieder an. Vor allem unterirdische Brände, die die Einsatzkräfte einzeln mit Hacke und Löschrucksack bekämpften, kosteten Kraft, berichtete ein Sprecher.
Zudem hat ein großer Waldbrand in Gummersbach nach aktuellen Schätzungen rund 50 Hektar Wald zerstört. Seit das Feuer am Montag ausgebrochen war, läuft dort ein Großeinsatz mit bis zu 400 Feuerwehrleuten. Glutnester in dem trockenen Boden werden die Einsatzkräfte noch tagelang beschäftigen, sagte ein Sprecher der Stadt am Donnerstag. Auch in Olpe und Düren gab es in dieser Woche größere Waldbrände.
NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) machte sich am Donnerstag ein Bild von der Lage in Gummersbach. Sie rief angesichts der akuten Waldbrandgefahr zu besonderer Wachsamkeit auf: „Ein kleiner Funke kann verheerend sein.“
Fachleute fürchten, dass weitere Waldbrände drohen. Trockenheit, Stürme und der Borkenkäferbefall haben in den vergangenen beiden Jahren dem Wald in NRW enorm zugesetzt. Abgestorbene Bäume und Äste, die im Wald liegen bleiben, wirken nun wie Brandbeschleuniger, erklärte Experte Cimolino. Bei allen forstwirtschaftlichen und ökologischen Überlegungen müsse daher die Frage der Brandprävention und Bekämpfung wieder stärker in den Blick genommen werden, mahnte er zudem.
Dort, wo aus Naturschutzgedanken Äste, Rinden und Stämme absichtlich liegen gelassen werden, könnten sich Feuer auf der trockenen Bodenschicht rasend schnell ausbreiten. Wer in großem Umfang auf solche naturnahen Waldflächen setze, der müsse sich auch im Klaren sein, dass die Feuerwehr bei einem Brand nicht viel machen kann, sagte Cimolino. Notfalls müssten Bereiche definiert werden, die bei einem Feuer von „vorneherein aufgegeben werden“.
Dringend erforderlich sei es auch, dass die Wege in den Wäldern befahrbar gehalten oder entsprechende Schneisen vorgehalten werden: „Bei einem Feuer müssen wir da schnell mit schwerem Gerät rein“, sagte Cimolino. Das sei nicht immer überall möglich, liege aber in der Verantwortung der Forstbesitzer.
Um die Gefahr des leicht entflammbaren Holzes in den kaputten Wäldern wissen auch die Waldbauern. Sie seien aus eigener Kraft gar nicht in der Lage, die riesigen Mengen an Schadholz aus den Wäldern zu holen, klagte der Landesverband der Waldbauern, der die privaten Forstbesitzer vertritt, in einer Mitteilung. Die zugesagte Landeshilfe zur Räumung der Schadflächen lasse weiter auf sich warten, teilte der Waldbauernvorsitzende Philipp Freiherr Heereman mit. „Und nun bekommen wir doppelt und dreifach die Quittung!“
Die Waldbauern würden nach Kräften unterstützt, versicherte indes Ministerin Heinen-Esser. Ziel der Wiederbewaldung müssten vielfältige und klimastabile Mischwälder sein. Diese seien ökologisch wichtig und gleichzeitig weniger waldbrandgefährdet. Aus ihrem Ministerium hieß es, seit dem vergangenen Jahr seien bislang rund 16 Millionen Euro Hilfen aus Sondermitteln von Waldbesitzer beantragt und Stand Mittwoch bereits 13,5 Millionen Euro bewilligt worden.