Hamburg:AfD siegt vor Gericht: Verfassungsschutz muss Text löschen

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Dirk Nockemann, Fraktionschef und Landesvorsitzender der AfD Hamburg. (Foto: Axel Heimken/dpa/Archivbild)

Hamburgs Verfassungsschutz darf laut einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht mehr behaupten, dass zwei Mitarbeiter der AfD-Bürgerschaftsfraktion der...

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Hamburg (dpa/lno) - Hamburgs Verfassungsschutz darf laut einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht mehr behaupten, dass zwei Mitarbeiter der AfD-Bürgerschaftsfraktion der Identitären Bewegung angehören. Das Gericht gab am Montag einem entsprechenden Eilantrag der Fraktion statt, wie das Gericht mitteilte. Gleichzeitig habe es die Stadt verpflichtet, die Passage im Verfassungsschutzbericht 2020 über die angeblichen Angehörigen der Identitären Bewegung zu löschen und nicht erneut zu verbreiten. Zudem müsse sie dies in einer Pressemitteilung veröffentlichen, weil die Berichterstattung mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig sei. Die Stadt kann gegen die Entscheidung Rechtsmittel beim Oberlandesgericht einlegen.

Nach Auffassung des Gerichts ist zwar eine Berichterstattung über Verbindungen von Angehörigen der Identitären Bewegung zu in Hamburg aktiven politischen Parteien grundsätzlich zulässig. Die Kammer habe sich aufgrund der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung aber nicht davon überzeugen können, dass die im Verfassungsschutzbericht aufgestellte Tatsachenbehauptung der Wahrheit entspreche. Die Identitäre Bewegung gilt laut Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“.

In jedem Fall reiche aber die bloße Teilnahme von einem der beiden Fraktionsmitarbeiter an zwei Aktionen der Identitären Bewegung in den Jahren 2017 und 2018 kaum aus für die Annahme einer Zugehörigkeit zu der Gruppe. Sie ließe auch keinen Rückschluss auf eine Zugehörigkeit dieser Person im Jahr 2020 zu.

Das Landesamt für Verfassungsschutz erklärte, die entsprechenden Passagen bereits gelöscht zu haben. Es wies auch darauf hin, dass Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht 2020 Gegenstand des Eilverfahrens gewesen seien, nicht aber die fachliche Tätigkeit des Landesamts, insbesondere das Vorliegen von Anhaltspunkten für die Beobachtung des Flügels und der Identitären Bewegung. Außerdem lägen zu beiden AfD-Fraktionsmitarbeitern weiterhin Informationen über rechtsextremistische Bestrebungen vor.

AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann und sein Vize Alexander Wolf zeigten sich sehr zufrieden und sprachen vor einer Klatsche „für den politischen Missbrauch des Inlandsgeheimdienstes“. Sie seien dankbar für die gerichtliche Klarstellung. „Der Beschluss ist auch ein erneutes Warnsignal an den Verfassungsschutz, dass er sich gefälligst an Recht und Gesetz halten muss.“

Daneben hatte sich der AfD-Landesverband Hamburg dagegen gewehrt, dass laut Verfassungsschutz etwa 40 Parteimitglieder dem „Flügel“ zuzurechnen seien - einer im März 2020 vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Bewegung. Dieses Eilverfahren wurde durch einen Vergleich beendet. Danach verpflichtete sich der Verfassungsschutz, die entsprechenden Textpassagen zur Zahl der Flügel-Anhänger mit einer Erklärung zu versehen und den Vergleich öffentlich zu kommunizieren.

Das Landesamt kündigte danach an, auf den Seiten 5 und 198 des Verfassungsschutzberichts bei den 40 Flügel-Anhängern eine Fußnote einzufügen mit dem Inhalt: „Die AfD bestreitet diese Größenordnung und hat aus diesem Grund gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Über die Klage ist noch nicht entschieden worden.“ Gleichzeitig wies der Verfassungsschutz darauf hin, dass er den Flügel unverändert als erwiesen rechtsextremistisch einstufe und auch künftig als Beobachtungsobjekt bearbeite.

In seiner Funktion als AfD-Landeschef sprach Nockemann dennoch von einem „Punktsieg für unsere Partei“. Das gebe jetzt Rückenwind für den Wahlkampf. „Wir lassen uns das nicht gefallen und wehren uns mit allen rechtsstaatlichen Mitteln.“

© dpa-infocom, dpa:210823-99-938804/3

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