Spanien:Ein hochpolitischer Minirock

Lesezeit: 2 min

Anstößig? Mutig? Die Staatssekretärin María Luisa Poncela mit Rock am saudischen Königshof. (Foto: Casa Real)

Die Staatssekretärin María Poncela war in Spanien weitgehend unbekannt - bis sie in Saudi-Arabien einen Minirock trug. War das mutig, anstößig oder gar geschäftsschädigend?

Von Thomas Urban, Madrid

Unauffällig und fleißig, so verlief bislang die Karriere von María Luisa Poncela. Seit zwei Monaten ist sie Staatssekretärin für Außenhandel im Kabinett des Premierministers Mariano Rajoy, der gerne Frauen in hohe Ämter befördert. Einige von ihnen treten selbstbewusst in den Medien auf und stehlen den Männern die Schau, aber Mariá Luisa Poncela mied das Rampenlicht, und die Boulevardpresse mied sie. Kaum jemand kannte ihren Namen, abgesehen von Außenhandelsexperten und Spezialisten für rechtliche Vorschriften für die Computerisierung der Verwaltung, denn das war bislang ihr Hauptthema. Bis sie nach Saudi-Arabien fuhr.

Spaniens König Felipe VI. ist dort gerade zum Staatsbesuch, mit ihm eine Delegation, zu der auch die Verwaltungsjuristin und Volkswirtin Poncela gehört, und jetzt ist die 56-Jährige ein großes Thema in den spanischen Medien, beziehungsweise: der Rock, den sie beim Besuch des arabischen Königshofes trug. Der Rock war kurz.

Eine überflüssige Provokation? Ein mutiger Akt für die Frauenbefreiung? Darüber streiten jetzt die Kommentatoren.

Ursula von der Leyen im Hosenanzug, Michelle Obama ohne Kopftuch

Die Könige Spaniens und die Herrscher des Morgenlandes pflegen traditionell gute Beziehungen. Felipes Vater Juan Carlos ließ sich gern zur Falkenjagd und zu Jachtausflügen einladen. Einmal war in seiner Begleitung sogar seine "Amiga", die deutsche Kauffrau Corinna zu Sayn-Wittgenstein. Felipe macht solche Sachen nicht, er gilt als treuer Ehemann und penibler Langweiler. Aber jetzt: "Diese Panne mit dem Minirock der Staatssekretärin!", wie zu lesen ist. Dabei ist es nicht das erste Mal, dass die Kleidung eines weiblichen Staatsgastes zum Thema wird.

Erinnert sei an Michelle Obama, die an der Seite ihres Mannes beim Empfang durch den saudischen König Salman weder Kopftuch noch Schleier tragen wollte. Angeblich haben mehrere der arabischen Prinzen die Präsidentengattin demonstrativ ignoriert. Und dann gab es die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die beim Besuch in Riad erklärte, sie denke nicht daran, den Schleier zu nehmen und behalte die Hosen an.

Ohne Kopftuch in Saudi-Arabien
:Wie Michelle Obamas unverhülltes Haupt die USA erregt

Statement gegen die Unterdrückung von Frauen? Tabubruch? Weil Michelle Obama bei einem Besuch im ultrakonservativen Saudi-Arabien kein Kopftuch trägt, wird in den USA heftig diskutiert. Dabei ist alles ganz einfach.

Von Sebastian Gierke

In Spanien wird nun gerätselt, welche Folgen der kurze Rock der Staatssekretärin hat. Ein verwackeltes Filmchen über den Empfang im Internet gibt eigentlich keinen Anlass zur Sorge: Alle Würdenträger haben ihr artig die Hand gegeben, keiner hat auf ihre Knie geschaut. Es sah auch nicht zum Fremdschämen aus, wie einst der Besuch der damaligen bayerischen Kultusministerin Monika Hohlmeier beim höchsten Imam der Türkei im Jahr 2000. Da war ihr Rock so kurz, dass man ihre weiße Unterhose sah, als sie sich hinsetzte, der Iman schaute angestrengt vorbei. Ein Bild von der Szene bekam in der Türkei den zweiten Preis beim "Foto des Jahres".

Nur: Es geht um viel für Spanien beim derzeitigen Besuch, König Felipe will die Aufträge für drei Korvetten bekommen, die Werften im andalusischen Cádiz warten sehnlichst darauf. In Spanien hat man Sorge, dass der Rock der Staatssekretärin den Deal gefährdet - wobei noch nicht abschließend geklärt wurde, welche Art von Rock María Luisa Poncela denn nun trug. Ein Minirock, schrieb ein Modeexperte, sei es jedenfalls nicht: "Der Saum endet am Knie, Schenkel hat die Staatssekretärin nicht gezeigt." Na dann.

© SZ vom 17.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Streit um Verschleierung
:Vollverschleierung - es geht um ein Weltbild, nicht um Stoff

Wer glaubt, Verschleierung sei einfach nur Ausdruck religiöser Zugehörigkeit und habe nichts mit Unterdrückung zu tun, ist ganz und gar schiefgewickelt.

Von Susan Vahabzadeh

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: