Sommer:Wo liegt der sonnigste Ort Deutschlands?

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Der Ferienfaktor auf der Ostseeinsel Hiddensee ist hoch - dank 13 Kilometern Sandstrand. (Foto: imago/Hans Blossey)

Seit Jahren streiten sich mehrere Gemeinden um diesen schönen Titel. Aber wie kann man das eigentlich messen? Wir haben einen Experten gefragt.

Von Titus Arnu

Zur Abwechslung mal etwas Heiteres, die Wetteraussichten: vorwiegend freundlich. München: sonnig, am Sonntag 14 Stunden Sonnenschein. Sonnenbühl auf der Schwäbischen Alb: wie der Name sagt, noch mehr Sonne, nämlich 15 Stunden am Sonntag. An Nord- und Ostsee ziehen ein paar Wolken durch, sonst wären dort die meisten Sonnenstunden zu erwarten. Aufgrund der Neigung der Erdachse scheint die Sonne im Sommer länger, je weiter man nach Norden kommt. Mitte Juni geht die Sonne auf Sylt um 4.39 auf und um 22.10 Uhr unter. Bei wolkenlosem Himmel sind das 17,5 Stunden Sonnenschein. Mehr Sonne geht eigentlich nicht in Deutschland. Oder?

Der Süden sonnig, der Norden schmuddelig, so lautet ja das nationale Wetterklischee. Immer wieder wird Freiburg als "sonnigste Stadt Deutschlands" bezeichnet. Je nach Quelle und Jahr gelten auch München ( Focus, 2016), Landsberg ( Augsburger Allgemeine, 2009) oder Pforzheim ( Badische Neueste Nachrichten, 2003) als Sieger in Sachen Sonnenstunden.

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Mehrere kleine Tourismusgemeinden streiten ebenfalls um den Titel "sonnigster Ort Deutschlands" - von Görwihl im Schwarzwald ( Badische Zeitung, 2011) über Scheidegg im Allgäu ( Münchner Merkur, 2012) bis Kap Arkona auf Rügen ( Welt, 2016). Scheidegg wirbt mit dem Slogan "sonnigster Ort Deutschlands" und weist auf seiner Website akribisch alle Sonnenstunden seit 1972 nach. "Im Wettstreit um die meisten Sonnenstunden hat nach Feststellungen des Deutschen Wetterdienstes Scheidegg wieder die Nase vorn", meldet die Gemeinde stolz. Das Gleiche behauptete die nicht weit entfernte Stadt Leutkirch 2011 auch.

Anruf bei Florian Imbery, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD) in Frankfurt, der zwar aus Freiburg kommt, als Wissenschaftler aber unparteiisch bleibt - selbst wenn es um ein herzerwärmendes Thema wie Sonnenschein geht. Der DWD misst mit 51 Wetterwarten und 131 Wetterstationen seit Jahrzehnten Temperatur, Niederschlag, Luftdruck, Wind und Sonnenscheindauer. Wo also liegt Dunkeldeutschland wirklich, wo zeigt sich Deutschland von der sonnigsten Seite?

"Die maximale Sonnenscheindauer eines Jahres hat aber keine Aussagekraft", sagt Imbery, der in der Klimaforschungsabteilung des DWD arbeitet und in größeren Zusammenhängen denkt.

Föhn-Effekte und kontinentales Klimes

Die höchste jährliche Sonnenscheindauer wurde 1959 auf dem Klippeneck am südlichen Rand der Schwäbischen Alb gemessen (2329 Stunden). Die geringste jährliche Sonnenscheindauer lag bei 936,7 Stunden, 1912 gemessen in Münster. Durchschnittlich liegt die Sonnenscheindauer in Deutschland bei 1550 Stunden im Jahr, und es gibt Orte, die im langjährigen Vergleich deutlich darüber liegen.

Imbery zieht dafür Messdaten aus 30 Jahren heran. Die zeigen, dass es am sonnigsten auf der Zugspitze ist, gefolgt von einem Hügel auf der Schwäbischen Alb, danach kommen Urlaubsorte auf Usedom, Hiddensee, Fehmarn und Rügen. Alle Orte auf der Top-Ten-Liste liegen entweder am Alpenrand oder an der Ostseeküste. Von wegen schmuddeliger Norden also.

Verantwortlich für die erfreuliche Sonnen-Bilanz in Bayern und Baden-Württemberg seien Föhn-Effekte in den Alpen, die oft Wolken fernhalten, sagt Experte Imbery. Den Ostsee-Inseln kommen das kontinentale Klima zugute, der Wind und die nördlichen Breitengrade, durch die diese Landstriche im Sommer mehr Licht abbekommen. Allerdings ist es im Winter genau umgekehrt. Dann scheint die Sonne länger, je weiter man im Süden ist.

Klingt einleuchtend. Und die Sonnenscheindauer sagt selbstverständlich nichts darüber aus, ob ein Ort ideal für einen Sommerurlaub ist. Auf der Zugspitze, dem sonnigsten Punkt Deutschlands zum Beispiel, werden für diesen Samstag Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt, Windböen und Schneeregen erwartet.

*Mittlere jährliche Sonnenscheindauer 1981-2010 nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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