Russland:Bewaffneter Angriff auf Gymnasium Nr. 175

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In einer Schule in Kasan in Russland hat ein Angreifer neun Menschen erschossen. Polizisten konnten den mutmaßlichen Täter festnehmen. (Foto: Roman Kruchinin/dpa)

In der Wolgastadt Kasan tötet ein junger Mann an einer Schule bisher neun Menschen. Der 19-Jährige soll seine Tat zuvor angekündigt haben. Präsident Putin will nun das Waffengesetz verschärfen.

Von Frank Nienhuysen

Es ist kein Wort zu hören, kein Schreien, nichts Hektisches ist zu spüren; es ist das ruhige Schluchzen einer Frau, die mit sich kämpft, das die wenigen Videosekunden ergreifend macht. Sie ist dem Drama so nah. Mit ihrer Handykamera hält sie von einem Gebäude gegenüber auf den Eingang der Schule, das grüne Emblem ist zu sehen, Gymnasium Nr. 175 steht darauf und ein stilisierter Mensch, der eine Weltkugel umarmt. Vor den Treppenstufen des Schulgebäudes kniet ein Polizist und hält einen jungen Mann in Schach, dunkle Haare, dunkle Kleidung. Dann bringt er ihn fort. Der junge Mann, 19 Jahre alt, soll zuvor mehrere Menschen an der Schule erschossen haben.

Kasan, eine wunderbare Wolgastadt in Russland, Hauptstadt von Tatarstan. Nach einer freien Woche hatte gerade der Unterricht wieder begonnen, als der bewaffnete Angreifer am Dienstagmorgen in das Gebäude eindrang und mindestens neun Menschen tötete. Drei Schülerinnen kamen ums Leben, vier Schüler, eine Pädagogin, 34, die als Tanzlehrerin an der Schule arbeitete, sowie eine weitere Schulmitarbeiterin. Zunächst hatte es geheißen, dass ein zweiter Täter im dritten Stock (in Russland als vierter gezählt) von Sicherheitskräften erschossen wurde. Doch die russischen Behörden versicherten, dass der Verdächtige ein Einzeltäter sei. Mindestens 21 Menschen wurden verletzt, darunter 18 Kinder. Bei mehreren von ihnen galt der Zustand als kritisch. Gegen Mittag sagte der Republikchef von Tatarstan, Rustam Minnichanow, dass die Sicherheit rund um die Schule wiederhergestellt sei. Er sprach von einer "großen Tragödie".

Der mutmaßliche Täter ist nach russischen Medienberichten Ilnas G., ein Student der Kasaner Tisbi-Universität. Programmierer wollte er angeblich werden. Doch Mitte April flog er von der Uni, weil er bei mehreren Prüfungen nicht erschienen war. Nur wenige Tage später ließ er eine Waffe registrieren, mit einem Jagdschein, den er erst seit drei Monaten besitzt. Dienstagfrüh, kurz vor dem Angriff auf seine alte Schule, postete er mehrere Selfies, in schwarzer Kluft und halbmaskiert. "Bog", Gott, steht in roten Buchstaben auf der Maskierung. Sein Vater soll ihn als "nicht religiös" eingeschätzt haben.

Mutmaßlicher Täter kündigte Tat an

G. wurde am 11. September 2001 geboren, exakt am Tag der Terroranschläge in den USA durch al-Qaida. Immer wieder soll er dies erwähnt haben. Nicht aber, dass er selber einmal über einen Anschlag nachgedacht habe. Er tat es dann doch. In wirren Worten kündigte er seine Tat an, wollte, dass auch die Lehrer jeweils mindestens zehn Menschen umbringen sollten.

Etwa 700 Kilometer weiter westlich, in Moskau, wurde noch am Dienstag über erste Konsequenzen aus dem Angriff auf die Kasaner Schule gesprochen. Präsident Wladimir Putin ordnete an, dass dringend die Waffengesetze verschärft werden müssten. Ihm gehe es vor allem darum, welche Waffen in der Gesellschaft im Umlauf sein dürfen, sagte sein Sprecher Dmitrij Peskow. Unter den Jagdgewehren würden in Russland manchmal auch Waffen registriert, die in anderen Ländern als Sturmgewehre genutzt werden. Schon 2018 hatte es an einer Schule in der Krimstadt Kertsch ein Massaker gegeben. 21 Menschen starben bei dem Amoklauf. Damals benutzte der Täter eine Langwaffe des Typs Hatsan Escort. Sie gilt als preisgünstig und ist die gleiche Gewehrart, mit der Ilnas G. jetzt in Kasan um sich schoss. Und das ganze Land erschütterte.

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