SZ-Serie "Ein Anruf bei...":Wer will die Uhr kaufen, die Konflikte lösen kann?

Lesezeit: 3 min

Interesse an Kuckucksuhren? Dann sind Maz und Roman Piekarski die richtigen Ansprechpartner. (Foto: Privat)

Zwei Brüder aus dem englischen Tabley besitzen die angeblich größte Kuckucksuhren-Sammlung der Welt. Weil sie keine Nachkommen haben, suchen sie jetzt öffentlich nach einem geeigneten Erben.

Interview von Jasper Bennink

Karten, Kuscheltiere, Briefmarken - die Sammelwut des Menschen kennt keine Grenzen. Eher selten dürfte sie allerdings auf Kuckucksuhren ausgerichtet sein: Die Brüder Roman und Maz Piekarski, 71 und 69 Jahre alt, besitzen mit 750 von ihnen die angeblich größte Sammlung der Welt; in ihrem "Cuckooland Museum" im englischen Tabley kann man sie bestaunen. Da die beiden keine Nachkommen haben, suchen sie jetzt öffentlich nach Erben. Roman erzählt im Interview, worauf es den Brüdern bei der Suche ankommt.

SZ: Herr Piekarski, mal ganz ehrlich, wer interessiert sich in der heutigen digitalen Welt überhaupt noch für Kuckucksuhren - und vor allem für so viele?

Roman Piekarski: Oh, wir haben eine Vielzahl von Interessenten aus den USA und aus Europa, insbesondere aus Irland und England, aber auch aus Deutschland. Es gibt glücklicherweise immer noch genug Menschen, die sich für die Geschichte interessieren, vor allem natürlich Museen, aber auch zahlreiche Bürgermeister.

Na, wenn das so ist, dann müssten Sie doch schon längst einen Erben gefunden haben.

Wir machen das seit 50 Jahren, das ist so etwas wie eine Lebensaufgabe für uns. Wir sind mit diesen Uhren zusammengewachsen, wir lieben unsere Sammlung und ihre Geschichte. Das ist auch der Grund dafür, dass wir die Sammlung nur weitergeben, wenn wir auch ein gutes Gefühl haben. Ernsthafte Interessenten gab es schon viele, aber die hatten häufig kein Geld.

Aha. Um was, lieber Herr Piekarski, geht es Ihnen denn nun wirklich: um den passenden Erben oder die passende Summe?

Schauen Sie: Seitdem wir mit der Schule fertig sind, leben wir für die Kuckucksuhren. Schon als wir angefangen haben, wussten wir, dass wir das auch für unsere Pension machen. Wir haben unglaublich viel Arbeit, aber auch Geld in die Kollektion gesteckt. Jetzt wäre es einfach schön, wenn wir bald unseren Ruhestand genießen könnten, ohne uns Sorgen über Geld zu machen.

Dann wäre es ja für die Interessenten hilfreich zu wissen, von welcher Summe Sie reden. Haben Sie konkrete Zahlen im Kopf?

Oh, da sind Sie tatsächlich der Erste, der mir diese Frage stellt. Ich kann dazu nichts Genaues sagen, wir verlangen aber wirklich keine verrückten Summen. Es geht uns viel eher darum, dass wir Leute finden, bei denen das Interesse echt ist.

Das klingt etwas kryptisch. Wonach suchen Sie bei den Nachfolgern genau?

Na ja, es geht darum, die Uhren vernünftig zu erhalten, aber vor allem wollen wir, dass die künftigen Besitzer weiterhin Begeisterung und Wissen weitergeben und interessierten Menschen etwas über die Geschichte unserer Sammlung erzählen. Da stecken wirklich unglaubliche Geschichten dahinter.

Ach ja?

Zum Beispiel mein Lieblingsexemplar. Als mein Bruder die Uhr damals bei einer Auktion das erste Mal gesehen hat, hatte er nicht genug Geld dabei, um sie zu kaufen. Danach haben wir über zwei Jahre nach ihr gesucht. Als wir dann den Hinweis bekommen haben, dass die Uhr wieder zum Verkauf steht, sind wir sofort hingeflogen. Wir haben die Besitzer vor Beginn des Marktes getroffen, ihnen 500 Euro gegeben, damit sie sie zurücklegen. Später haben wir sie zum Biertrinken in eine Kneipe eingeladen und das Geschäft gemacht. Nach diesem Deal wollten die restlichen Interessenten zwei Jahre nicht mehr mit uns sprechen. Aber für uns war es ein super Tag!

Na gut, aber Kuckucksuhren sind heute nicht gerade der größte Trend auf Instagram. Woher kommt denn bei Ihnen diese Faszination?

In der Schulzeit hat ein Uhrmacher direkt gegenüber von uns gewohnt. Schon da waren die Kuckucksuhren immer unsere Lieblingsstücke. Aber auch die Rolle, die die Uhren damals in den Familien gespielt haben. Das war einfach etwas ganz Besonderes.

Und zwar?

Als es noch kein Radio oder Fernsehen gab, war die Kuckucksuhr in vielen Familien eines der wichtigsten Möbelstücke. Sie hing über dem Esstisch und war so etwas wie ein Symbol der Freude. Wenn es Konflikte in der Familie gab, löste das "Kuckuck" der Uhr sie oft auf.

Wie besorgt sind Sie, dass sich am Ende trotzdem kein geeigneter Erbe findet?

Das macht mir, ehrlich gesagt, schon sehr große Sorgen. Wir werden älter, wir haben beide immer wieder gesundheitliche Probleme. Er hatte eine schwere Corona-Erkrankung, ich habe MS. Es wird also langsam Zeit, dass jemand die Sammlung übernimmt. Für die Historie wäre es uns am liebsten, wenn die Uhren in den Schwarzwald gehen.

Dort wurde die Kuckucksuhr erfunden, nicht wahr?

Und von dort kommt der Großteil unserer Sammlung. Sie wurden da vor allem im 19. Jahrhundert gefertigt. Wir sind unzählige Male dorthin gereist und haben unglaublich nette Menschen getroffen. Für die Region wäre das sicher eine großartige Touristenattraktion! Wir hoffen, dass sich Bürgermeister einiger Gemeinden zusammentun, um die Sammlung nach Hause zu holen.

Weitere Folgen der Serie "Ein Anruf bei ..." finden Sie hier .

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