Prozesse - Ravensburg:Warum tötete sie ihr Baby? Mutter sagt in Mordprozess aus

Ravensburg (dpa/lsw) - Nach dem gewaltsamen Tod eines Neugeborenen geht es im Revisionsprozess gegen die Mutter in Ravensburg vor allem um eine Frage: Warum? Zum Auftakt am Mittwoch gab die wegen Mordes Angeklagte zu, dem Mädchen nach der Geburt vor rund zwei Jahren Papiertücher in den Mund gesteckt zu haben. "Ich wollte einfach nur, dass sie ruhig ist. Mehr wollte ich in dem Moment gar nicht", sagte die 25-Jährige.

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Ravensburg (dpa/lsw) - Nach dem gewaltsamen Tod eines Neugeborenen geht es im Revisionsprozess gegen die Mutter in Ravensburg vor allem um eine Frage: Warum? Zum Auftakt am Mittwoch gab die wegen Mordes Angeklagte zu, dem Mädchen nach der Geburt vor rund zwei Jahren Papiertücher in den Mund gesteckt zu haben. "Ich wollte einfach nur, dass sie ruhig ist. Mehr wollte ich in dem Moment gar nicht", sagte die 25-Jährige.

Sie ließ ihr Baby nahe einem Bauernhof bei Mengen (Kreis Sigmaringen) zurück - es erstickte. "Ich hab nicht drüber nachgedacht, was passiert, wenn ich sie liegen lasse", betonte die Angeklagte. Dass damit das Todesurteil für das lebensfähige Baby gesprochen wurde, sei ihr nicht bewusst gewesen.

Ein solches Geständnis hatte die 25-Jährige auch schon im ersten Prozess abgelegt, in dem sie wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden war. Dieses Urteil hob der Bundesgerichtshof (BGH) auf Revision der Angeklagten auf. Dabei stellte der BGH nicht die Tathandlung, aber das vom Landgericht angenommene Motiv infrage. Die erste Instanz hatte der Deutschen niedrige Beweggründe bescheinigt: Sie habe die Beziehung zu ihrem Freund, der noch keine Kinder wollte, nicht gefährden wollen.

Der BGH verwies den Fall zurück an eine andere Kammer des Landgerichts. Dort versuchten die Richter am ersten Verhandlungstag die Lebensumstände und die Gefühlswelt der Frau zu ergründen. Sie erzählte von einem neuen Job und der Suche nach einer Wohnung: "Ich war mit allem zu der Zeit überfordert." Die Schwangerschaft hielt sie gegenüber Familie, Freunden und ihrem Partner geheim. Aber den Gedanken, das Kind zu töten, habe sie zu keiner Zeit gehabt, beteuerte die Angeklagte. "Ich habe immer gedacht, dass ich bestimmt noch eine Lösung finde. Aber doch nicht diese!"

Als auf einer Autofahrt im Mai 2017 die Wehen einsetzten, erzählte die Angeklagte ihrem Freund laut eigenen Angaben von Bauchkrämpfen und bat um eine Pause. Dann habe sie das Kind in dunkler Nacht einige Meter entfernt auf die Welt gebracht - während ihr Partner und ein befreundetes Paar bei den Autos warteten.

Der Vorsitzende Richter fragte: "Warum lege ich mir das ganze Martyrium auf, die schmerzhafte Geburt auch noch schweigend, still zu ertragen, wenn ich damit nicht etwas beabsichtige?" Die Angeklagte entgegnete wie auf viele Fragen an diesem Verhandlungstag: "Ich weiß es nicht."

Auch gegen den Vater des Kindes hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Dem 24-Jährigen wird versuchter Totschlag durch Unterlassen vorgeworfen, wie die Behörde Ende April mitteilte. Als Erklärung für die blutverschmierten Hände und Beine der Angeklagten hatte direkt nach der Geburt eine Zyste gedient, die sich die Frau selbst gezogen habe. Das Paar fuhr dann nach Hause. Erst einige Tage später entdeckte ein Kind den Leichnam des Babys neben mehreren Strohballen. (Az. 2Ks 21 Js 11407/17(2))

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