Justiz:Prozess zu tödlichem Radlader-Unfall muss fortgesetzt werden

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Anwalt Dirk Meinicke (l), und der Angeklagte stehen vor Prozessbeginn im Saal vom Landgericht. (Foto: Philipp Schulze/dpa)

Im Juni 2023 kommt es südlich von Hamburg zu einem schweren Unfall: Eine Gruppe Menschen stürzt aus einer Gitterbox eines Radladers - zwei von ihnen sterben, mehrere Kinder werden verletzt. Am Montag hat der Prozess gegen den Fahrer begonnen.

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Lüneburg/Toppenstedt (dpa) - Ein Urteil hat als möglich gegolten, doch es ist anders gekommen: Der Prozess um den tödlichen Radlader-Unfall während eines Zeltlagers südlich von Hamburg verzögert sich. Am Landgericht Lüneburg wurde am Montag kein Urteil gesprochen. Ein Sachverständiger konnte nicht zweifelsfrei einordnen, warum es zu dem Unglück kam. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 44 Jahre alten Angeklagten vor, zwei Menschen fahrlässig getötet und elf fahrlässig verletzt zu haben. Der Angeklagte äußerte sich vor Gericht umfassend. Der Prozess soll im Februar fortgesetzt werden.

Der Unfall ereignete sich vor rund sieben Monaten während eines Vater-Kind-Zeltlagers mit Lagerfeuer und Stockbrot in Toppenstedt, einer Gemeinde mit rund 1500 Einwohnern im niedersächsischen Landkreis Harburg. Der Angeklagte, ein Landwirt, fuhr während der Veranstaltung Teilnehmer mit dem Radlader zur Unterhaltung in einer Stahlgitterbox umher. Die Kinder hätten mehrfach darum gebeten, sagte der Angeklagte vor Gericht.

Tragischerweise löste sich während einer der Fahrten die Box. Sie prallte auf einem asphaltierten Feldweg auf. Ein fünfjähriger Junge und ein 39 Jahre alter Mann starben. Elf Kinder wurden verletzt, darunter waren auch zwei Töchter des Angeklagten. Zunächst hatte es von den Behörden geheißen, dass zehn Kinder verletzt worden seien.

Vor Gericht schilderte der Angeklagte die Momente nach dem Unfall. Demnach sprang er aus der Baumaschine und versuchte, die Box zu bewegen. Er habe seine verletzte Tochter gesehen. Andere Väter hätten ihn dann weggezogen. „Man war einfach nur leer“, sagte er. Später sei er zu einer Polizistin gegangen und habe gesagt, dass er der Fahrer sei. Danach habe er sich umfassend zu dem Unfall geäußert.

Schon kurz nach dem Vorfall wurde bekannt, dass gegen den Fahrer wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung ermittelt wird. Anfang Juli teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass der Fahrer während des Unfalls nüchtern gewesen sei, wie eine Blutprobe ergeben habe. Im August wurde das Ergebnis eines technischen Gutachtens öffentlich: Das Gutachten schloss einen Defekt als Unfallursache aus.

Während der Verhandlung war sich der Sachverständige dessen nicht länger zweifelsfrei sicher. Im Mittelpunkt der Debatte stand die Frage, ob sogenannte Sicherungsbolzen während des Unfalls offen oder geschlossen waren. Sollten sie geschlossen gewesen sein, könnte doch ein Defekt zu dem Unfall geführt haben - wie der Angeklagte auch angab. Der Vorsitzende Richter forderte den Sachverständigen auf, eine neue Untersuchung vorzulegen.

In der Region um Toppenstedt löste der Unfall Trauer und Bestürzung aus. Ein Schützenfest wurde abgesagt. Eine Woche nach dem Unfall kamen bei einer Gedenkfeier im benachbarten Salzhausen rund 600 Menschen, darunter viele Helfer, zusammen.

Im Gerichtssaal fragte der Vorsitzende Richter den Angeklagten nach der Stimmung in Toppenstedt nach dem Unfall. Das Dorf habe mitgetrauert, sagte der Angeklagte. Es habe wenige oder keine Fingerzeige auf ihn gegeben.

© dpa-infocom, dpa:240121-99-697535/6

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