Prozesse - Berlin:Verschwundene Schülerin: Ankläger fordert lebenslange Haft

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Berlin (dpa/bb) - Mehr als 13 Jahre nach dem spurlosen Verschwinden der Berliner Schülerin Georgine Krüger hat die Staatsanwaltschaft eine lebenslange Freiheitsstrafe gegen den Angeklagten gefordert. Der 44-Jährige sei des Mordes und der besonders schweren Vergewaltigung schuldig zu sprechen, hieß es am Dienstag im Plädoyer der Anklage vor dem Landgericht der Hauptstadt. Perfide habe der Familienvater die Tat begangen. Die Verteidiger plädierten auf Freispruch. Ein Urteil soll am 17. März verkündet werden.

Das rätselhafte Verschwinden von Georgine Krüger war über Jahre einer der bekanntesten Vermisstenfälle in Deutschland. Der Angeklagte geriet erst 2016 unter Verdacht. Auslöser war ein Verfahren gegen ihn wegen sexueller Nötigung einer Jugendlichen in seinem Keller in Berlin-Moabit. Funkzellenauswertungen und Angaben des 44-Jährigen gegenüber einem verdeckten Ermittler führten im Dezember 2018 zur Festnahme des Familienvaters.

Der Angeklagte habe das Mädchen am frühen Nachmittag des 25. September 2006 unter dem Vorwand, er benötige Hilfe beim Tragen von Tüten, in seinen Keller gelockt, hieß es in dem Plädoyer des Staatsanwalts weiter. Er habe die hilfsbereite und freundliche Schülerin bewusstlos geschlagen, vergewaltigt und dann zur Verdeckung der Sexualstraftat erwürgt. "Den Leichnam wickelte er in einen Teppich und entsorgte ihn im Hausmüll", konstatierte der Ankläger nach rund siebenmonatigem Prozess.

Der Angeklagte hatte die Vorwürfe bei der Polizei zurückgewiesen und erklärt, verdeckte Ermittler hätten sich in sein Leben geschlichen und ihn "reingelegt". Einer von ihnen habe von einer "nervenden Freundin" gesprochen und ihn gefragt, ob er die Frau für viel Geld verschwinden lassen könne. Er habe eine "Geschichte erfunden", um an das Geld zu kommen. Die Verteidiger sprachen von einer "provozierten falschen Selbstbelastung".

Der Staatsanwalt hielt dagegen, der Mann habe gegenüber einem verdeckten Ermittler klassisches Täterwissen offenbart. Dabei habe der 44-Jährige von seinen damaligen Emotionen gesprochen und auch beschrieben, wie er die Tasche der Schülerin und deren Handy entsorgt habe. Die verdeckten Ermittler hätten ihre Befugnisse nicht überschritten. "Es war ein höchst erfolgreicher Einsatz mit großer kriminalistischer List." Es entspreche dem Charakter des Angeklagten, "dass er sich Mädchen nähert, um seine sexuellen Gelüste auszuleben".

Der Staatsanwalt verlangte obendrein eine Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Die Nebenklage-Anwälte schlossen sich dem Antrag der Anklagebehörde an. Die Mutter des verschwundenen Mädchens "kann mit der Sache bis heute nicht abschließen", sagte der Anwalt der Frau. Es sei für sie schwer zu erfassen, ob sie "doch noch ein Fünkchen Hoffnung haben soll, dass ihre Tochter irgendwo lebt".

Die Verteidiger plädierten auf Freispruch und Haftentschädigung für ihren Mandanten. Die Beweisaufnahme habe "nichts Objektives" ergeben. Ihr Mandant habe die ihm in Aussicht gestellten 100 000 Euro haben wollen und dafür "Blödsinn geredet".

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