Bundesverwaltungsgericht:Polizisten müssen Kennzeichnung tragen

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Ein Beamter der Bereitschaftspolizei trägt hier eine Kennzeichnung an der Uniform. (Foto: dpa)
  • Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte als rechtmäßig bestätigt.
  • Zwar greife die Pflicht zum Tragen eines Namensschildes oder einer Nummer in das Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Polizisten ein.
  • Dieser Eingriff sei aber verfassungsgemäß, urteilte das Gericht in Leipzig am Donnerstag.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte, wie sie in mehr als der Hälfte der Bundesländer existiert, ist verfassungsgemäß. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in einem Grundsatzurteil das Polizeigesetz des Landes Brandenburg gebilligt, das den Beamten seit 2013 vorschreibt, ein Schild mit ihrem Nachnamen an der Uniform zu tragen. In geschlossenen Einheiten - sogenannten Hundertschaften - gilt eine modifizierte Regelung. Dort müssen die Beamten lediglich Nummern tragen, die eine spätere Identifizierung ermöglichen.

Geklagt hatten ein Polizeihauptmeister und eine Polizeiobermeisterin. Sie sahen sich in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, weil ihre Identifizierbarkeit die Gefahr erhöhe, dass sie privat ausgespäht und belästigt werden könnten. Die Gewerkschaft der Polizei hat die Klagen unterstützt. Sie sieht in den Namens- und Nummernschildern einen Ausdruck des Misstrauens gegen die Polizei.

Das Bundesverwaltungsgericht hält die Kennzeichnung dagegen für gerechtfertigt, weil sie Bürgernähe und Transparenz der Polizeiarbeit stärke. Zudem stuft sie die Identifizierbarkeit von Beamten als eine Maßnahme gegen Polizeigewalt ein - eines der zentralen Argumente der Befürworter. Sie gewährleiste, so das Gericht, "die leichtere Aufklärbarkeit etwaiger Straftaten oder nicht unerheblicher Dienstpflichtverletzungen von Polizeivollzugsbeamten und beugt damit solchen vor".

Laut einem Forschungsprojekt kann Polizeigewalt kaum strafrechtlich verfolgt werden

In der jüngeren Vergangenheit hat ein Forschungsprojekt des Bochumer Kriminologen Tobias Singelnstein Furore gemacht, wonach Polizeigewalt kaum strafrechtlich verfolgt werde. Das Gericht sieht in den Kennzeichen übrigens auch einen gewissen Schutz für rechtmäßig handelnde Polizisten, die von Ermittlungen verschont bleiben, wenn sich eine Strafanzeige gleich an die richtige Adresse richtet.

Das Urteil gilt zwar formal nur für Brandenburg. Weil die Argumente aber überall weitgehend gleich gelagert sind, dürfte die Entscheidung für die Mehrheit der Regelungen in den anderen Bundesländern gelten. Denn mit seinen Namensschildern geht Brandenburg weiter als manch andere Länder, in denen lediglich Nummern ausgegeben werden. Ein Fragezeichen könnte allenfalls für Schleswig-Holstein gelten, wo die Kennzeichnungspflicht durch einen ministeriellen Erlass eingeführt wurde. Denn das Bundesverwaltungsgericht hebt ausdrücklich auf die "hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage" in Brandenburg ab. Der Gesetzgeber habe die wesentlichen Entscheidungen "nach einer parlamentarischen Debatte selbst getroffen".

Was das Urteil für die politische Diskussion in Ländern ohne Kennzeichnungspflicht bedeutet - dazu gehören Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen -, bleibt abzuwarten. Denn der Richterspruch aus Leipzig bedeutet lediglich, dass ein Gesetz, nach dem Polizeibeamte identifizierbar sind, nach der Verfassung erlaubt ist. Den Ländern steht es aber nach wie vor frei, ob sie dies einführen wollen oder nicht.

© SZ vom 27.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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