Arktis-Expedition:Angedockt an der Eisscholle

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Der Forschungseisbrecher Polarstern (links) vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut und der russische Eisbrecher Akademik Fedorov liegen zwischen arktischen Eisschollen. (Foto: Esther Horvath/Alfred-Wegener-Institut/DPA)
  • Auf ihrer Arktis-Expedition haben die Forscher des Alfred-Wegener-Instituts nun eine Eisscholle gefunden, an die sich ihr Forschungsschiff andocken kann.
  • Ein Jahr lang wird die Polarstern jetzt mit dem Eis driften. 300 Wissenschaftler begleiten die Expedition, deren Ziel es ist, die Lücken in den bisherigen Klimamodellen zu schließen.

Von Kai Strittmatter, Kopenhagen

Es war ein Rennen gegen die Zeit - und am Freitag meldeten die Wissenschaftler der Expedition jenen Erfolg, den sie dringend brauchten, um ihr ehrgeiziges Vorhaben überhaupt möglich zu machen: Kurz vor Einbruch der Polarnacht haben die Forscher hoch oben im gefrierenden Arktischen Ozean beim 85. Breitengrad eine passende riesige Eisscholle gefunden. Nun werden sie ihr Schiff, den deutschen Forschungseisbrecher Polarstern, an der Scholle andocken, um sich sodann im Eis einfrieren zu lassen und dann mit der Eisdrift am Nordpol vorüberzutreiben. Ein ganzes Jahr lang.

Es wird die größte Arktisexpedition der Geschichte, eine Wiederholung der legendären Eisdrift des norwegischen Abenteurers und Forschers Fridtjof Nansen von 1893, nur mit ungleich mehr Mann und Material an Bord: Insgesamt werden 300 Wissenschaftler aus 17 Nationen in rotierenden Mannschaften mitmachen.

Der Name der Expedition Mosaic, steht für "Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate", also multidisziplinäres Drift-Observatorium für das Studium des arktischen Klimas. Die Leitung haben deutsche Polarforscher vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) inne, die Polarstern ist ihr Schiff. Die ausgewählte Scholle wird nun das Zuhause und gleichzeitig das Forschungscamp für die Wissenschaftler werden. Meereisforscher, Meteorologen, Ozeanologen, Geochemiker, Biologen, sie alle werden auf dem Eis ihre Instrumente aufstellen.

Ziel ist es, die Lücken in den Klimamodellen zu schließen, die eine genaue Vorhersage des Klimawandels bislang unmöglich machen: In der Arktis steigen die Temperaturen zwei- bis dreimal so schnell wie im Rest der Welt, aber wie genau die Prozesse zwischen Atmosphäre, Ozean und Eis in den Wintermonaten verlaufen, das konnte bislang keiner beobachten. Das arktische Meer ist im Winter von Eisschichten bedeckt, die kein Eisbrecher durchstoßen kann.

Die Scholle ist zweieinhalb mal dreieinhalb Kilometer groß

Viele ausreichend dicke Eisschollen, die die Polarstern huckepack nehmen könnten, gibt es derzeit nicht im Nordpolarmeer, der Sommer war zu warm dafür. Dennoch verlief die Suche nun schneller als erwartet. Das Mosaic-Team habe am Ende aus 16 anvisierten Schollen die beste ausgesucht, hieß es in der Erklärung des Alfred-Wegener-Instituts. Satelliten, Helikopter und der russische Eisbrecher Akademik Fedorov halfen bei der Auswahl. Die ausgesuchte Scholle ist zweieinhalb mal dreieinhalb Kilometer groß - sie soll bald auch einer Landebahn für Polarflugzeuge Heimat sein. Bereits am 28. September waren dem AWI zufolge erste Wissenschaftler von der Polarstern auf die Scholle übergesetzt, um ihre Eignung mit elektromagnetischen Sensoren und Eiskernbohrungen zu überprüfen. Eisbärwachen begleiteten die Wissenschaftler bei ihren Ausflügen.

Expeditionsleiter Markus Rex, Atmosphärenforscher beim AWI in Potsdam, nannte die Scholle "nicht die perfekte, aber die beste Scholle in diesem Bereich der Arktis". Es gebe darauf einen ungewöhnlich stabilen Bereich, der sich als Basis für die kommenden Arbeiten eigne. Gleichzeitig aber weise sie auch dünne, instabile Regionen auf, die typisch für die neue, warme Arktis seien. "Gerade deshalb ist sie für unsere wissenschaftlichen Projekte sehr gut geeignet", sagt Rex.

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