Der trostlose Platz vor der katholischen Kirche St. Martin im Ortsteil Oberndorf in Jossgrund sollte mit einem Brunnen verschönert werden. Doch der Brunnen sieht aus wie ein Penis. Das zieht gerade eine Menge Schaulustige in die Gemeinde, auch durch Corona.
Pfarrer Daniel Göller, 44, wohnt mit seinem schwarzen Mops genau gegenüber vom Kirchplatz im Pfarrhaus. Er hat sich mittlerweile an den Anblick gewöhnt. Und freut sich, dass er durch den Hype beim Spazierengehen nun immer Leute zum Plaudern findet. Solche Ereignisse postet der Pfarrer dann auch mal auf Instagram.
Hitzewelle:"Man kann nichts mehr anfassen, nicht mal das Werkzeug"
Von wegen zu heißes Büro: Am Arbeitsplatz von Melanie Bernhardt herrschen schon mal 74 Grad Celsius. Wie die Dachdeckerin mit der extremen Hitze umgeht.
SZ: Herr Göller, Sie können sich sicher denken, warum ich anrufe?
Daniel Göller: Ja (lacht). Das Interesse an meinem verschlafenen Spessart-Dorf hat in den letzten Wochen rapide zugenommen.
So ein Penis-Brunnen scheint die Leute zu interessieren.
Ja, auf dem Platz vor der Kirche geht es zu wie auf einem Jahrmarkt. Dabei war Urlaub im Spessart lange Zeit echt out. Früher hing hier noch an jedem zweiten Haus ein Schild, auf dem "Ferienwohnungen" stand. Aber als man noch für 99 Euro nach Malle fliegen konnte - wer ging da schon in den Spessart wandern? Klar, Corona hat uns auch mehr Zulauf gebracht. Aber jetzt hören die Leute von dem Brunnen im Radio und machen auf ihren Reisen extra einen Abstecher hierher.
Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie das fertige Projekt das erste Mal gesehen haben?
Am Anfang habe ich noch scherzhaft gesagt: "Vielleicht lebe ich schon zu lange im Zölibat." Ich habe mich gar nicht getraut, zu sagen, was ich da sehe, so als Seelsorger der Gemeinde. Aber dann haben auch andere Leute darüber gelacht und gemeint, dass der Brunnen wie ein Riesen-Phallus aussieht.
Der Brunnen ist mittlerweile schon seit drei Wochen vollendet.
Und seitdem hat die Neuigkeit weite Kreise gezogen: Erst kam das Gelächter im Dorf, dann in Jossgrund, und dann kam dieser Öffentlichkeits-Tsunami. Die Leute sind froh, dass man wieder mal über etwas lachen kann. Wir weisen uns hier auch nicht gegenseitig die Schuld zu - der ganze Vorgang war total transparent.
Was war denn dann los?
Das Verschönerungsprojekt war ein Prozess von zehn Jahren: Davor war der Platz wirklich ein unansehnlicher Betonplatz. Für die Verschönerung gab es eine Bürgerversammlung und Arbeitsgruppen, Pläne wurden gemacht und auch ein Architekturbüro wurde miteinbezogen - das plätscherte alles so vor sich hin. Die Pläne hingen aus und es wurde alles genau so realisiert, wie es vorgesehen war. Keinem ist etwas aufgefallen. Dieses Jahr wurde das Projekt umgesetzt, weil sonst die Fördermittel ausgelaufen wären.
Aber eigentlich sollte der Brunnen ja keinen Riesen-Phallus darstellen.
Nein, eigentlich sollte der Brunnen die Spessart-Berge darstellen, durch die die Jossa fließt. In den 70er-Jahren hat der Platz ziemlich lieblos die Jossa überbaut. Das Wasser für den Brunnen wird jetzt unten aus dem Fluss hochgepumpt, es ist also kein stinknormaler Brunnen.
Der örtliche Bäcker und die örtliche Eisdiele sind auf den Zug aufgesprungen und bieten mittlerweile Penis-Brötchen und Penis-Eis an. Haben Sie die schon probiert?
Ich bin kein Freund des Banana-Splits, um ehrlich zu sein. Aber so einen Brunnenweck hab ich mir als Gag schon geholt und verschenkt. So viel Humor sollte man schon haben.
Den hatten Sie auch auf Instagram gepostet.
Genau. Trotzdem schade, dass gerade eine Pandemie ist: Wenn ich in den letzten Tagen mit meinen Messdienern einen Würstchenstand auf dem Kirchplatz betrieben hätte - mit all der angespülten Laufkundschaft - dann wäre die nächste Romreise finanziert gewesen! Aber dafür hätten wir diverse Hygienevorschriften einhalten müssen. Trotzdem gönne ich es unseren Geschäftsleuten von Herzen. Wir sind sehr dankbar dafür, einen Bäcker, einen Metzger und eine Eisdiele direkt am Platz zu haben.
Kommen Sie dank des Penis-Brunnens denn zumindest auch mehr Leute in der Kirche besuchen?
Also ich denke schon, dass sich der ein oder andere in unseren Jossgrund-Dom verirrt. Ich bemerke, dass vor der Mutter Gottes mehr Opfer-Kerzchen leuchten. Meine Pfarrhaushälterin muss zumindest jeden Tag neue Kerzchen in den Kasten stellen.