Es ist ein ehrgeiziges Ziel: Die Regierung Neuseelands hat erklärtermaßen vor, das Land bis zum Jahr 2050 CO2-neutral zu machen. Dazu sollen neuseeländische Bauern von 2025 an eine Abgabe auf landwirtschaftliche Emissionen zahlen - ein Schritt, der laut Premierministerin Jacinda Ardern eine Weltpremiere darstellt. Anders ausgedrückt: Die Landwirte werden künftig für die Ausdünstungen ihrer Kühe, Schafe und weiteren Nutztiere besteuert. Das erklärte Ardern am Dienstag in Wellington.
Das Vorhaben der Regierung betrifft eine große Branche: Neuseelands Landwirtschaft ist für die Ökonomie des Landes von entscheidender Bedeutung. Milchprodukte, inklusive jener, die zur Herstellung von Säuglingsnahrung in China verwendet werden, sind der größte Exportfaktor des Landes. Etwa fünf Millionen Einwohnern stehen rund zehn Millionen Rinder respektive Milchvieh sowie 26 Millionen Schafe gegenüber - die Hälfte aller Treibhausgasemissionen stammen nach Angaben von Experten von landwirtschaftlichen Betrieben.
Das System soll bis 2025 in Kraft treten und die Landwirte dazu verpflichten, einen regulierten Preis für ihre Methan- und Kohlendioxidemissionen zu zahlen. Ardern zufolge werde das dem Land im Südpazifik ermöglichen, sein gesetzlich festgelegtes Ziel zu erreichen, die Methanemissionen bis 2030 auf zehn Prozent unter das Niveau von 2017 zu senken. Die Besteuerung werde zudem dazu führen, dass die neuseeländischen Landwirte bei der Reduzierung von Emissionen weltweit führend sind, "was einen Wettbewerbsvorteil darstellt und unsere Exportmarke stärkt", sagte die Premierministerin. "Kein anderes Land der Welt hat bisher ein System zur Bepreisung und Reduzierung von landwirtschaftlichen Emissionen entwickelt, sodass unsere Landwirte davon profitieren werden, dass sie die Vorreiter sind."
Die Landwirte sind jedoch verärgert und sorgen sich um die Reduzierung der Nahrungsmittelproduktion, die mit der Besteuerung einhergehen werde. Die Lobbygruppe Federated Farmers befürchtet, dass einige Landwirte ihr Land verlassen werden, da die Kosten für sie zu hoch werden. Andrew Hoggard, Präsident der Federated Farmers, sagte dem Bericht zufolge, die Landwirte hätten seit mehr als zwei Jahren versucht, mit der Regierung an einem Emissionsreduktionsplan zu arbeiten, der die Nahrungsmittelproduktion nicht verringern würde. "Unser Plan war es, die Landwirtschaft aufrechtzuerhalten", sagt Hoggard. Stattdessen würden die Landwirte nun ihre Farmen verkaufen, "so schnell, dass Sie nicht einmal die Hunde auf der Ladefläche des Pickup-Trucks bellen hören werden, wenn sie losfahren". Der Plan werde "den Kleinstädten Neuseelands die Eingeweide herausreißen und Bäume an die Stelle von Farmen setzen", so Hoggard.
Die Regierung räumt ein, dass die Emissionsreduzierung durch eine Veränderung der Landnutzung sowie durch eine höhere Effizienz der Landwirtschaft und eine Verringerung der Emissionen erreicht werden soll. Der von den Landwirten zu zahlende Preis für die Emissionen ihrer Tiere werde auf Grundlage der Empfehlungen der Klimakommission festgelegt, die Preise jährlich festgesetzt.
Ardern zufolge sollen alle aus der Besteuerung gewonnen Abgaben wieder in die Industrie gesteckt werden, um neue Technologien, Forschung und Anreizzahlungen für Landwirte zu finanzieren. So könnten sich die Kosten für die Landwirte letztlich wieder amortisieren.
Ganz neu ist die Idee einer "Pupssteuer" nicht: Schon 2003 hatte eine Labour-Regierung bereits einmal versucht, die neuseeländischen Nutztiere für ihre Methanemissionen zu besteuern, das Vorhaben nach Protesten jedoch aufgegeben. Nun hatte eine Gruppierung mit dem Namen "He Waka Eke Noa"-Klimapartnerschaft neue Vorschläge dazu erarbeitet. Bauernverbände, die an der "He Waka Eke Noa"-Partnerschaft teilgenommen haben, darunter DairyNZ und die Meat Industry Association, erklären nach Arderns Erklärung allerdings, dass weitere Diskussionen erforderlich sind. Schließlich habe die Regierung in manchen Bereichen die gemeinsam erarbeiteten Empfehlungen nicht übernommen. "Die Regierung hat in einigen Bereichen alternative Ansätze vorgeschlagen, die das Gleichgewicht grundlegend verändern und erhebliche Auswirkungen auf die Schaf-, Rinder- und Wildtierhalter haben könnten", sagt Kelly Forster. Eingaben können noch bis zum 18. November gemacht werden. Für Arderns Regierung auch eine Nagelprobe. Denn 2023 stehen in Neuseeland Wahlen an.