Da-dü-da. Manchmal reichen drei Töne, die nur handgestoppte drei Sekunden erklingen, um sich für immer in das Gedächtnis ihrer Hörer zu ohrwurmen. Wie die alte Warn-Melodie der Berliner U-Bahn, die eigentlich nur unangenehm nervte, kurz bevor der Zug abfuhr und sich seine Türen schlossen. Doch dann kam der DJ Paul Kalkbrenner, zückte in seinem Film "Berlin Calling" sein Handy und nahm den Abfahrtssound auf - ehe er um das Da-dü-da herum einen Hit bastelte.
Oder das unbeschreibliche Knarzen, mit dem ein 56k-Modem einst (digitale) Türen öffnete, um sich ins Internet zu kämpfen: unangenehmer als der U-Bahn-Sound, bislang zu Unrecht noch nicht musikalisch verarbeitet und doch unvergessen. Jenes Internet, das das Modem damals oft mit einer unendlich lang erscheinenden Einwahlprozedur zu erreichen versuchte, ist heute voll mit vor Nostalgie triefenden Artikeln zur Erinnerung an das verdammte Knarzen.
Seit dieser Woche ist die Menschheit nun um einen bahnbrechenden Ton reicher. Versandt quasi per Audionachricht, die eigentlich zu den eher unsäglichen Erfindungen der Menschheitsgeschichte zu zählen ist. Vor allem wenn derjenige, der die Nachricht verschickt, eine an sich nichtige Botschaft in epischer Länge ausbreitet. Nun hat Perseverance, der Mars-Rover, jedem Zuhörer auf der Erde vermittelt, wie der Mars klingt - in einer rund 16-minütigen Tonaufnahme.
Menschen, die einem so etwas als Audionachricht auf dem Handy zumuten, verflucht man als Empfänger gerne mal. Hauptsache, der Sender hatte keine Mühe beim Tippen, drückt einem dafür aber eine Kassette ins Ohr, für die man sich gefälligst Zeit zu nehmen hat. Aber gut, zur Verteidigung von Perseverance sei gesagt, dass er als robotischer Mars-Rover Gefühle wie Rücksicht nicht entwickeln kann. Und dass es sich bei seiner Nachricht um die erste Aufnahme dieser Art überhaupt handelt, wie die US-Raumfahrtbehörde Nasa in der Nacht zum Donnerstag mitteilte.
So klingt also Metall auf Mars-Geröll
27 Meter war der Rover zuvor über den durchschnittlich etwa 70 Millionen Kilometer entfernten Planeten gerumpelt und hatte seine Fahrt akustisch aufgezeichnet. Ein kontinuierliches Kratzen, Ruckeln und Zuckeln. "Wenn man mit diesen Rädern über Steine fährt, dann ist das sehr laut", sagte Nasa-Ingenieurin Vandi Verma. Das liege unter anderem daran, dass die Räder von Perseverance aus Metall seien. Vermas Kollege Dave Gruel beschrieb den Sound so: "Wenn ich diese Geräusche in meinem Auto hören würden, würde ich anhalten und den Abschleppdienst anrufen." Man muss also etwas einschränken: Genau genommen hat Perseverance nicht den Klang des Mars aufgezeichnet, sondern den Klang, den der Mensch auf den Mars mitgebracht hat.
Für die lange Audionachricht von Perseverance nahmen sich die Nasa-Ingenieure übrigens gern Zeit: "Die Unterschiede zwischen Erde und Mars - visuell haben wir davon einen Eindruck", sagte Vandi Verma. "Aber Klang hat eine ganz andere Dimension, er lässt uns diese Unterschiede nicht nur sehen, sondern viel genauer erleben." Zum Ohrwurm aber taugt der Mars-Sound eher nicht.