Meistens geht es ganz schnell: Ein überfüllter Bus, irgendwo in Mexiko-Stadt. Ein Dieb steigt zu, zieht eine Pistole oder ein Messer, Geldbeutel raus, Handy her, ein paar Sekunden, dann ist alles vorbei - und die Fahrgäste sind ein paar Hundert Euro ärmer.
Es gibt Mitschnitte von solchen Überfällen im Netz, gefilmt von Überwachungskameras und zu Hunderten hochgeladen beim Videoportal Youtube. Kein Wunder, Mexiko-Stadt hat schon seit Langem eine hohe Kriminalitätsrate, doch vor allem Diebstähle von Handys haben in den vergangenen Jahren extrem zugenommen. Allein zwischen 2012 und 2016 hat sich die Zahl der Vorfälle versechsfacht. 82 Smartphones werden in Mexikos Hauptstadt im Durchschnitt gestohlen - pro Stunde. Das macht ungefähr 2000 entwendete Geräte am Tag und fast eine Dreiviertelmillion im Jahr. Die Diebstähle sind ein einträgliches Geschäft: 500 000 Dollar sollen täglich mit den geklauten Handys umgesetzt werden, schätzt die Stadtverwaltung.
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Präsident López Obrador geht recht unkonventionell gegen das organisierte Verbrechen vor.
Aber meist bleibt es nicht bei einer Straftat: Oft werden die gestohlenen Geräte benutzt, um weitere Verbrechen zu begehen. Die Diebe benutzen die gespeicherten Kreditkartendaten des Besitzers zum Onlineshoppen. Oder sie rufen bei der Nummer an, die im Telefonbuch unter "Mama" steht und täuschen eine Entführung vor, um so an Lösegeld zu kommen. Sollte all das nicht möglich sein, kann man das Handy immer noch verkaufen, dafür gibt es extra kleine Stände auf den Straßen von Mexiko-Stadt.
Damit soll jetzt aber Schluss sein. Als Teil eines Aktionsplans gegen den Smartphoneklau hat Bürgermeisterin Claudia Sheinbaum die Hehler-Büdchen nun verbieten lassen. Gestohlene Chips und Geräte sollen dazu von Besitzern leichter gesperrt werden können, und Gesetze wurden verschärft, um Diebe abzuschrecken.
Aber: Experten zweifeln daran, dass diese Maßnahmen große Wirkung zeigen werden. Viele Diebe klauen aus Not - auch härtere Strafen werden sie kaum aufhalten. Auch misstrauen die meisten Einwohner der Polizei und zeigen die Diebstähle selten an.
Die Bürger der Millionenmetropole nehmen die Sache lieber selbst in die Hand. Gerade sind Telefon-Attrappen ein Verkaufsschlager. Sie kosten zwischen 300 und 500 Mexikanische Pesos, umgerechnet ungefähr 15 bis 25 Euro. Nur einen Bruchteil eines echten Smartphones also und trotzdem sehen sie ihnen zum Verwechseln ähnlich. Die Fake-Handys haben ein leuchtendes Display und funktionierende Tasten. Sie wiegen sogar so viel wie das Original - durch ein Metallstück im Inneren.
Dass sie - zumindest auf den ersten Blick - kaum von echten Telefonen zu unterscheiden sind, zeigt auch ein Vorfall, der sich vor ein paar Jahren in der mexikanischen Stadt Morelia zugetragen hat. Diebe stiegen in einen Handyladen und packten sich die Taschen voll - zu ihrem Pech mit billigen Kopien, die echten Handys ließen sie links liegen.
Den Kriminellen wurde dabei ihr eigenes Geschäftsmodell zum Verhängnis: Bei den Überfällen bleibt einfach nicht genug Zeit, das Diebesgut auf seine Echtheit zu prüfen. Schließlich muss es ja meistens schnell gehen.