SZ-Kolumne "Bester Dinge":Im Namen des grillenden Volkes

(Foto: imago images/sumo)

Ein britisches Gericht hat entschieden, dass Riesenmarshmallows keine Süßigkeiten sind. Was dann?

Von Mareen Linnartz

Wie vieles im Leben sind auch Marshmallows eine Frage der Betrachtung. Nimmt man möglicherweise in Wirklichkeit Schaumstoff zu sich, wenn man in sie hineinbeißt? Kann es sein, dass diese weißen Würfel nur unter bestimmten Umständen schmecken, so wie aufgewärmte Dosengulaschsuppe auf einer Skihütte nach drei Stunden Fahrtwind oder Nachos im Kino als Nervenfutter bei zu aufregenden Actionfilmen?

Weil, es ist ja so: Wer an Marshmallow denkt, der denkt vor allem an eine wohlige Szenerie. An einen heißen Sommertag, an dessen Ende sich die Luft langsam abkühlt, die Nacht heranbricht und ein kleines Lagerfeuer fein wäre - in das man dann im Unterholz gefundene Stöckchen hält, auf denen vorne, genau, diese schaumstoffartigen Teile stecken. Wenn sie schön von allen Seiten Flammen abbekommen, entsteht auf eine geradezu einzigartige Weise eine Karamellkruste; die Dreh-Technik führt aber natürlich dazu, dass die Marshmallows in gefühlt einem von drei Fällen in die Glut plumpsen. Man dreht also ein bisschen vor sich hin, kommentiert die aktuelle Krustenstadien, erzählt sich vielleicht sogar Geschichten aus seinem Leben.

Ein britisches Gericht hat gerade entschieden, dass Marshmallows, konkret amerikanische Riesenmarshmallows des Großhändlers Innovate Bites, eindeutig als "Grillgut" einzustufen sind, weswegen das Unternehmen um eine Steuernachforderung von 470 000 Pfund (rund 536 000 Euro) herumkommt. In dieser Lagerfeuer-Betrachtungsweise ist es eben schlicht unmöglich, Marshmallows als das zu deklarieren, was sie bei einem geschätzten Zuckeranteil von 75 Prozent sind: schnöde Süßigkeiten.

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