Homosexuelle in Malaysia:Konfiszierter Regenbogen

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Uhren mit Regenbogenmotiv sollen aus den Kaufhäusern in Malaysia verschwinden. (Foto: Swatch; Collage: SZ)

In Malaysia sollen Uhren mit dem bunten Symbol der LGBTQ-Gemeinschaft aus den Kaufhäusern verschwinden. Ein Vorfall, der zeigt, wie schlecht es weltweit um die Rechte der Community steht.

Von David Pfeifer, Bangkok

Wer sich manchmal fragt, was die Lesben und Schwulen denn immer haben, mit ihren Rechten, wo sie doch heiraten und Kinder haben dürfen, sollte mal außerhalb seiner Wahrnehmung prüfen, wie es mit der Gleichberechtigung so steht. Denn so liberal ist nur ein sehr kleiner Teil dieser Welt, nicht aber Asien beispielsweise, die Region, in der die meisten Menschen leben. Dort wird Homosexualität und alles, was damit im Zusammenhang stehen könnte, häufig noch hart geahndet und bestraft. So teilte der Schweizer Swatch-Konzern am Dienstag mit, dass die Behörden in Malaysia insgesamt 164 Uhren in Regenbogenfarben im Gegenwert von etwa 14 000 US-Dollar beschlagnahmt hätten. So als könnte das Design einer Uhr ihre Betrachter in ihrer sexuellen Identität erschüttern.

Ein Regenbogen, aufmerksame Spaziergänger wissen es, entsteht, wenn es bei Sonnenschein regnet und sich das Licht im Niederschlag bricht. Die Spektralfarben werden sichtbar, wenn Beobachter und Sonne richtig zueinander stehen. Ein Regenbogen gehört zu den wundervollen Schauspielen, die die Natur kostenlos parat hält. Er steht mythologisch für die Vereinigung von Gegensätzen, für Glück und die Hoffnung nach einer Sintflut. Auch die betroffenen Uhren, die nach einer Durchsuchung von elf Einkaufszentren beschlagnahmt wurden, wirken eher froh gelaunt als gefährlich. Verschiedenfarbige Armbänder und Ziffernblätter, geziert von kleinen Streifen oder Kreisen in Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett. Die Uhren würden einem Einhorn gefallen.

Homosexuelle Handlungen werden in Malaysia mit Gefängnis bestraft

Da der Regenbogen aber nun auch symbolisch für die LGBTQ-Gemeinschaft steht, also von lesbisch bis Trans das gesamte Spektrum möglicher sexueller Identität umfasst, soll er aus den Kaufhäusern in Kuala Lumpur und anderen Städten verschwinden. Malaysia, das zu etwa 60 Prozent muslimisch ist, kriminalisiert sexuelle Handlungen zwischen Angehörigen des gleichen Geschlechts, sie werden mit Gefängnis und körperlicher Bestrafung geahndet, auch wenn das selten umgesetzt wird. Immerhin saß sogar der heutige Regierungschef Anwar Ibrahim, 75, wegen des Vorwurfs homosexueller Handlungen im Gefängnis.

Erst vor wenigen Wochen hatte die malaysische Regierung drei Bücher für Jugendliche verboten, weil sie angeblich einen "LGBTQ"-Lebensstil fördern würden, darunter eines mit dem schönen Titel "Jacob's Room to Choose". Anfang dieses Monats forderte ein hochrangiger Beamter die Absage eines bevorstehenden Konzerts der britischen Rockband Coldplay, nachdem Sänger Chris Martin in einem Social-Media-Post mit einer Regenbogenfahne zu sehen war. Dies fördere "eine Kultur des Hedonismus und der Perversion". Die Reaktionen erinnern an das sogenannte "Don't Say Gay"-Gesetz im US-Bundesstaat Florida, das Lehrern nun verbietet, mit Schülern über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität zu sprechen. Auch in Indonesien wurde bei der Überarbeitung des Strafrechts vor wenigen Monaten ein Paragraf entworfen, der es Verwandten erlaubt, Familienmitglieder anzuzeigen, die unverheiratet zusammenleben. Da Homo-Ehen in Indonesien verboten sind, richtet sich der Passus vor allem gegen schwule und lesbische Paare.

Swatch nutzt die Episode nun womöglich als Marketing-Instrument

Es sieht also weltweit gar nicht gut aus für die Rechte von Homosexuellen. Hinter all dem steht der Gedanke, dass Sexualität eine Lifestyle-Entscheidung sei, wie Kleidungswahl oder Musikgeschmack. Und da ist man dann wieder bei den Uhren. Swatch hat angekündigt, die Lagerbestände wieder aufzufüllen und das Modell weiter in Malaysia zu verkaufen. Die Firma knickt erst mal nicht ein und nutzt die Episode nun womöglich als Marketing-Instrument. Man fragt sich in der Schweiz auch, "wie die Vollstreckungseinheit des Innenministeriums die vielen schönen natürlichen Regenbögen konfiszieren will, die tausendmal im Jahr am Himmel Malaysias auftauchen", so der Swatch-Erbe und CEO Nick Hayek in einer Erklärung am Dienstag. Und tatsächlich dürfte das den malaysischen Behörden schwerfallen, wo man schon das Ende eines Regenbogens kaum erreichen kann, obwohl dort ein Schatz zu finden sein soll.

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