Organisierte Kriminalität:Europaweiter Schlag gegen italienische Mafia

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Allein in Deutschland wurden mehr als 30 Tatverdächtige festgenommen. (Foto: Alex Talash/AFP)

Seit dem frühen Morgen gehen Ermittler auch in Deutschland gegen die kalabrische Mafia-Organisation 'Ndrangheta vor. Objekte in mehreren Bundesländern werden durchsucht und Haftbefehle vollstreckt. Es geht um Rauschgifthandel, Geldwäsche und Waffenhandel.

Mit einem Großeinsatz in mehreren Bundesländern ist die Polizei in den frühen Morgenstunden gegen Mitglieder der italienischen Mafia 'Ndrangheta vorgegangen. Auch in anderen europäischen Staaten fanden parallel Razzien statt. Deutschlandweit waren mehr als 1000 Beamte im Einsatz, darunter auch Spezialkräfte. Es gab Dutzende Durchsuchungen und mehrere Festnahmen. Das teilten die Staatsanwaltschaften Düsseldorf, Koblenz, Saarbrücken und München sowie die Landeskriminalämter Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland mit. Auch in Thüringen gab es Durchsuchungen.

Allein in Bayern durchsuchten den Angaben zufolge mehr als 130 Einsatzkräfte zehn Objekte, gegen vier Personen wurden EU-Haftbefehle vollstreckt. In Nordrhein-Westfalen durchsuchten rund 500 Einsatzkräfte insgesamt 51 Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäftsobjekte und vollstreckten 15 Haftbefehle. In Rheinland-Pfalz rückten ebenfalls rund 500 Einsatzkräfte aus und vollstrecken insgesamt zehn Haftbefehle und 50 Durchsuchungsbeschlüsse. Unterstützt wurden sie dabei von Spezialeinheiten des Bundes und anderer Länder sowie des Zolls und der Steuerfahndung. Im Saarland waren rund 90 Einsatzkräfte beteiligt, darunter auch Spezialeinheiten und die Bereitschaftspolizei.

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Das Verfahren wird durch eine gemeinsame internationale Ermittlungsgruppe geführt, an der auch Europol und Eurojust beteiligt sind und läuft unter dem Decknamen "Operation Eureka". Neben Italien, das den Schwerpunkt der Aktion bildet, beteiligten sich auch Behörden aus Belgien, Frankreich, Italien, Portugal und Spanien. Bei dem internationalen Großeinsatz sind insgesamt 108 Haftbefehle vollstreckt worden.

Fast alle Verdächtigen stammen aus dem kalabrischen Bergdorf San Luca

Schwerpunkt der Ermittlungen, die schon seit fast vier Jahren unter enormer Geheimhaltung laufen sollen, ist nach Angaben von MDR und FAZ der internationale Rauschgifthandel. Insbesondere auf dem europäischen Kokainmarkt ist die Stellung der 'Ndrangheta laut Bundeskriminalamt (BKA) dominant. Außerdem wird den Verdächtigen unter anderem Geldwäsche, Waffenhandel, Korruption und die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

Die 'Ndrangheta gehört zu den mächtigsten Mafia-Organisationen der Welt und ist schon lange international über die Grenzen Italiens hinaus aktiv. Beheimatet ist die 'Ndrangheta in der Region Kalabrien, der Spitze des italienischen Stiefels auf dem Festland gegenüber der Insel Sizilien. Ihren Umsatz schätzen manche Experten auf mehr als 100 Milliarden Euro. Es gibt rund 160 Clans in Kalabrien mit schätzungsweise 6000 Mitgliedern.

Fast alle Verdächtigen, nach denen im Rahmen der "Operation Eureka" weltweit gefahndet wurde, stammen aus dem kalabrischen Bergdorf San Luca. Viele sind verwandt und gehören den 'Ndrangheta-Clans dort an. Das Dorf mit gerade einmal 3400 Einwohnern gilt als Hochburg der kalabrischen Mafia. In Deutschland wurde San Luca bekannt, als im August 2007 vor einer Pizzeria in Duisburg sechs Männer erschossen wurden. Nicht nur die Opfer stammten aus San Luca, sondern auch die Täter.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht in den Razzien "eine der größten bislang durchgeführten Operationen im Kampf gegen die italienische organisierte Kriminalität". Einer Mitteilung zufolge sagte sie: "Mit den heutigen, europaweit koordinierten Maßnahmen haben die Strafverfolgungsbehörden der 'Ndrangheta einen empfindlichen Schlag versetzt." Sie bezeichnete die "vernetzte, aktive und nachhaltige Zerschlagung krimineller Strukturen" als "Basis unserer Strategie zur Bekämpfung organisierter Kriminalität".

© SZ/dpa/Reuters/case - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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