Das Ufer war in Sichtweite, und vielleicht hatte sich die Geburtstagsgesellschaft auf dem Lago Maggiore deshalb sicher gefühlt, selbst als der Himmel zuzog und starker Wind aufkam. Warum allerdings der Kapitän trotz Unwetterwarnung nicht rechtzeitig das Ufer ansteuerte, obwohl nach Augenzeugenberichten der Sturm aus dem Osten bereits zu sehen und zu hören war, müssen jetzt die Behörden ermitteln.
Bei einem Bootsunglück auf dem zweitgrößten See Italiens sind am Sonntagabend vier Menschen gestorben. Sie hatten wie etwa 20 andere Leute gefeiert, als gegen 19 Uhr ein Unwetter aufzog und heftige Windböen ihr angemietetes Hausboot zum Kentern brachten. Das Unglück geschah vor der Gemeinde Lisanza, einem Ortsteil von Sesto Calende ganz im Süden des zweitgrößten Sees Italiens.
Das Boot sank unmittelbar auf 15 Meter Tiefe, die meisten Gäste wurden im Regen von anderen Booten aufgenommen oder konnten sich schwimmend ans 150 Meter entfernte Ufer retten. Ein Mann und eine Frau aus Italien, eine Russin sowie ein Mann aus Israel starben. Das teilte die Staatsanwaltschaft der Stadt Busto Arsizio nahe Mailand mit, wie die Nachrichtenagentur Ansa meldete. Das letzte der vier Opfer wurde erst am Montagmorgen von Tauchern entdeckt und geborgen.
Die Küstenwache und die Feuerwehr waren mit Booten, einem Hubschrauber und Tauchern im Einsatz. Auf Videoaufnahmen war zu sehen, wie Einsatzkräfte der Küstenwache und der Carabinieri einen schwarzen Plastiksack über einen Steg bei Sesto Calende an Land brachten.
Die russische Frau, die ums Leben kam, war Medienberichten zufolge die Partnerin des Bootsbesitzers und Kapitäns. Beide lebten auf dem Hausboot und stellten dieses für Feiern zur Verfügung. Derartige Ausflüge auf dem Lago Maggiore sollen laut italienischen Medienberichten sehr beliebt sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, wie es zum Kentern kommen konnte und warum das Boot nicht in den Hafen zurückkehrte.
Bereits gegen 17 Uhr wurde die Provinz Varese, in der Sesto Calende liegt, vom schlechten Wetter heimgesucht - auf dem nahe gelegenen Flughafen Mailand-Malpensa kam es deswegen zu Verspätungen. Die Zeitung Corriere della Sera zitierte aus Befragungen von geretteten Passagieren, wonach das Boot plötzlich umkippte und kenterte.
Nach Angaben des Präsidenten der Region Lombardei, Attilio Fontana, wurde der "sehr schwere Vorfall" durch eine "Windhose" ausgelöst, gelegentlich war auch von einem "Tornado" die Rede. Das ist technisch wohl übertrieben, Wetterexperten sprechen lieber von Gewitterböen.
Richtig ist aber, dass ein normaler Sturm ein mit 16 Meter Länge großes Boot normalerweise nicht zum Kentern bringen sollte. Vielmehr hat es sich wohl um einen einzelnen Windstoß gehandelt, der mit mehr als hundert Stundenkilometern aus einem Gewitter aufs Meer schoss.
Solche plötzlichen Ereignisse lassen sich nicht vorhersagen, wohl aber die Gewitterstürme, die sie nähren. Auch für den Lago Maggiore hatten die Wettermodelle nach Angabe von Meteorologen für den Sonntagabend einen heftigen Sturm vorausgesagt.