Mainz:Bombenbauer bekam Betreuer mit Kontakt zu Salafisten

Lesezeit: 3 min

Ludwigshafen (dpa/lrs) - Ein jugendlicher mutmaßlicher Bombenbauer in Ludwigshafen ist kurze Zeit ausgerechnet von einem Psychologen mit Salafismusverdacht betreut worden - eine solche Panne will Rheinland-Pfalz künftig ausschließen. "Eine Stunde später war der Mann von der Betreuung abgezogen", sagte die Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Jugendministerium, Christiane Rohleder, am Dienstag in Mainz zum Ergebnis einer nachträglichen Sicherheitsüberprüfung des 30-Jährigen. Das Jugendministerium wollte als Konsequenz deshalb neue Betreuer des Jugendlichen schon vor Beginn der Tätigkeit genauer überprüfen lassen.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Ludwigshafen (dpa/lrs) - Ein jugendlicher mutmaßlicher Bombenbauer in Ludwigshafen ist kurze Zeit ausgerechnet von einem Psychologen mit Salafismusverdacht betreut worden - eine solche Panne will Rheinland-Pfalz künftig ausschließen. „Eine Stunde später war der Mann von der Betreuung abgezogen“, sagte die Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Jugendministerium, Christiane Rohleder, am Dienstag in Mainz zum Ergebnis einer nachträglichen Sicherheitsüberprüfung des 30-Jährigen. Das Jugendministerium wollte als Konsequenz deshalb neue Betreuer des Jugendlichen schon vor Beginn der Tätigkeit genauer überprüfen lassen.

Doch auch der Nachfolger des abgezogenen Betreuers trat nach Angaben des Landeskriminalamts (LKA) Rheinland-Pfalz seinen Job ohne abgeschlossene Sicherheitsüberprüfung an, berichtete das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“. Der neue Betreuer habe fünf Tage lang gearbeitet, ehe das Ergebnis der Prüfung festgestanden habe, sagte LKA-Chef Johannes Kunz. Das sei anders vereinbart gewesen. Kunz betonte: „Das sind Abweichungen, die wir in Zukunft auf jeden Fall ausschließen müssen, weil wir sie in ihren Konsequenzen nicht abschätzen können.“

Der heute 13-Jährige soll nach Angaben des Mainzer Innenministeriums versucht haben, im Dezember 2016 einen Sprengsatz in der Nähe des Weihnachtsmarkts von Ludwigshafen abzulegen. Er wurde dann in eine geschlossene Einrichtung gebracht, seit 5. April ist er in Obhut des Jugendhilfe-Trägers an einem sicheren Ort außerhalb von Ludwigshafen.

Die Ermittlungen sind ein gutes halbes Jahr nach dem mutmaßlichen Anschlagsversuch noch nicht abgeschlossen. Das Verfahren laufe noch, sagte ein Sprecher des Generalbundesanwalts in Karlsruhe. Die Ermittlungen richteten sich nicht gegen den minderjährigen Jungen, sondern gegen mögliche Hintermänner. Nähere Angaben machte der Sprecher nicht. Die Staatsanwaltschaft Frankenthal hatte bereits einen Anfangsverdacht gegen den damals Zwölfjährigen geprüft, konnte wegen dessen Strafunmündigkeit aber kein Ermittlungsverfahren einleiten.

Die Hinweise auf Verbindungen des Psychologen zur radikal traditionalistischen Strömung des Islams ergaben sich bei einer nachträglichen Sicherheitsüberprüfung aller sieben Betreuer des Jugendlichen. Dabei hätten Polizeidienststellen und Nachrichtendienste aus Hessen und Bayern ebenfalls Erkenntnisse geliefert, sagte Kunz. „Da geht es um Mitwirkung bei salafistischen Werbeaktivitäten und bei salafistischen Propagandaaktionen.“

Laut „Report Mainz“ soll der Mann an einer Koran-Verteilung der Aktion „Lies!“ teilgenommen haben. Die dahinter stehende islamistische Vereinigung ist seit 2016 bundesweit verboten. Der LKA-Präsident sagte, der 30-Jährige mit Wohnsitz in Baden-Württemberg habe Kontakte zu Moscheen gehabt, „die wir der salafistischen Szene zuordnen“. Allerdings gebe es keine Anhaltspunkte, dass der Psychologe Straftaten geplant haben könnte.

Der Mann, der von einem Träger der Jugendhilfe eingestellt wurde, hatte vom 3. März bis 19. Mai Zugang zu dem Jungen, teilte der Leiter des Jugendamts Ludwigshafen, Heinz-Jürgen May, mit. Er war im Schichtdienst als einer von zwei Betreuern mit psychologischer Ausbildung eingesetzt. Daneben waren noch fünf pädagogische Betreuer im Einsatz. Nach Mays Angaben war der Mann in der Regel nicht allein mit dem Jungen. Mit dem Träger arbeite das Jugendamt seit 2012 vertrauensvoll zusammen. Die Stadt will daran festhalten.

Der 13-Jährige lebt nach Angaben des Jugendamts in einer Einrichtung, deren Fenster abgeschlossen sind. Es sei rund um die Uhr pädagogisches Personal anwesend, zudem werde die Einrichtung von einem privaten Sicherheitsdienst bewacht, sagte May. „Wir haben den Eindruck, dass es uns langsam gelingt, einen Zugang zu dem Kind zu gewinnen.“ Das Amt gehe nicht davon aus, dass die Betreuung durch den Psychologen der angestrebten Deradikalisierung geschadet habe. Wenn sich der Junge weiter positiv entwickele, strebe man an, dass er in einer Jugendgruppe unterrichtet werde.

Bei der Einstellung von Betreuern wird ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis verlangt. Im Unterschied zu anderen Berufsgruppen gibt es keine gesetzliche Bestimmung für eine Sicherheitsüberprüfung. Diese Prüfung sei am 7. April nach Überlegungen beim Jugendamt und beim LKA zusätzlich beschlossen worden. Dazu müssen die Betroffenen einwilligen. Bei der Sicherheitskontrolle des Nachfolgers kam laut LKA heraus, dass er zuverlässig sei.

Die CDU-Landtagsfraktion warf Innen- und Jugendministerium vor, sie hätten die Stadt zu lange alleingelassen. Das habe sich schon bei der Suche nach einer angemessenen Einrichtung gezeigt, kritisierte Fraktionsvize Christian Baldauf. Er sprach von Kompetenz-Wirrwarr zwischen Jugendministerin Anne Spiegel (Grüne) und Innenminister Roger Lewentz (SPD). Die AfD-Fraktion forderte Spiegels Rücktritt. Der Fall zeige, dass das Ministerium „in allen sicherheitsrelevanten Bereichen völlig überfordert ist“, erklärte AfD-Fraktionsvize Joachim Paul.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: