Kiel:Zwei Tote bei Brand: Beschuldigter muss in Psychiatrie

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Die Sonne scheint auf den Eingangsbereich am Landgericht Kiel. (Foto: Frank Molter/dpa/Archivbild)

Er steht im Fenster und ruft verzweifelt um Hilfe - hinter sich lodernde Flammen. Dann springt ein 42-Jähriger aus dem vierten Stock eines Wohnhauses in...

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Kiel/Neumünster (dpa/lno) - Er steht im Fenster und ruft verzweifelt um Hilfe - hinter sich lodernde Flammen. Dann springt ein 42-Jähriger aus dem vierten Stock eines Wohnhauses in Neumünster in den Tod. Ein zweiter verbrennt in dem Dachgeschoss in seinem Zimmer. Für den 32-jährigen psychisch kranken Täter ordnet das Kieler Landgericht am Freitag die dauerhafte Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie an. Der Beschuldigte sei aufgrund seiner paranoiden halluzinatorischen Psychose für die Allgemeinheit unberechenbar und „gefährlich wie eine tickende Zeitbombe“, sagt der Vorsitzende Richter Jörg Brommann.

Die Tat wertete die Kammer als heimtückischen Mord und Brandstiftung mit Todesfolge in zwei Fällen. Der Täter sei aber wegen seiner krankhaften seelischen Abartigkeit schuldunfähig gewesen. Im sogenannten Sicherungsverfahren ging es deshalb um die dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie. Der 32-Jährige sei spätestens seit 2019 erkrankt, sagte Brommann. Seit seinem 17. Lebensjahr sei er mit Unterbrechungen drogensüchtig. Zur Tatzeit habe er unter anderem Aufputschmittel und Alkohol genommen.

Nach Auffassung des Schwurgerichts setzt der Beschuldigte am frühen Morgen des 10. März die Tür des Zimmers seines Bekannten in Brand und macht ihm die Flucht unmöglich. Im Wahn glaubt er demnach, der 42-Jährige habe seine Frau gefoltert und umgebracht. Kurze Zeit später bezichtigt er sich bei der Bundespolizei im Bahnhof von Neumünster der Tat und räumt sie auch später vor Ärzten ein, sagt Brommann.

Die Kammer halte die frühen Geständnisse des mehrfach vorbestraften Beschuldigten für glaubhaft, sagt Brommann. Zwar habe nicht geklärt werden können, wie die Brandstiftung ablief - das Feuer vernichtete weitgehend alle Spuren, das Gebäude wurde inzwischen abgerissen. Doch es sei schon ausreichend, wenn die Feuerwand das Verlassen des Zimmers unmöglich gemacht habe.

Nach der Beweisaufnahme gebe es „keine vernünftigen Zweifel an der Täterschaft“ des 32-Jährigen. Zur Brandstiftung kam es demnach „spontan aufgrund der wahnhaften Eingebung des Beschuldigten“. Der Beschuldigte habe bei der Tat die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers ausgenutzt. Für seine Wahnhaftigkeit spreche auch, dass er sich früher unter anderem bei der Polizei meldete, weil ihn angeblich Unbekannte und Geheimdienste ständig abhörten und verfolgten. Auch habe der Mann immer wieder Stimmen gehört.

Sein Geständnis ließ der 32-Jährige im Gerichtssaal von seinem Verteidiger widerrufen. Er sei nicht bei Sinnen gewesen und habe es aus Geltungssucht abgegeben, sagte der Verteidiger. Er forderte Freispruch und kündigte umgehend Revision an. Die Richter folgten dem Antrag der Staatsanwältin, die ebenfalls auf Mord erkannt und die Unterbringung gefordert hatte.

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