Kriminalität - Halle (Saale):Staatsanwaltschaft schildert Details zu Prozessbeginn

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Eine Statue der Justitia hält eine Waage und ein Schwert in der Hand. Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Halle (dpa/sa) - Gelassen und ruhig blickt die 42-jährige Angeklagte in den Verhandlungssaal des Landgerichts in Halle. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen sie sind schockierend. Sie soll laut Anklageschrift im Mai 2022 in Halle auf ihren Ex-Partner mit einem Messer eingestochen haben, während dieser das gemeinsame Kind in den Armen hielt. Der Mann überlebte schwer verletzt durch eine Notoperation. Die Frau muss sich seit Dienstag wegen versuchten Mordes vor Gericht verantworten.

Am Tag der Tat sei sie dem Mann und der gemeinsamen Tochter zusammen mit ihrer Zwillingsschwester zunächst gefolgt, erklärte die Staatsanwältin. Als der 39-jährige Geschädigte die Windel der Dreijährigen an einer Straße wechseln wollte, habe sie schließlich angegriffen: Dabei soll sie mit einer Schreckschusspistole in die Luft geschossen und mit einem Jagdmesser auf den Mann eingestochen haben. Dieser habe dabei das Kind im Arm gehalten und auch nicht losgelassen, als die Angeklagte ihm das Kind entreißen wollte.

Als der Mann an einer Straße zusammenbrach, nahm eine Passantin laut Staatsanwaltschaft das kleine Kind in Obhut. Sie gab das Kind auch dann nicht der Angeklagten, als diese sie dazu aufforderte. Die Zwillingsschwester ergriff laut Anklageschrift die Flucht, als sich Passanten dem Tatort näherten.

Die angeklagte Frau widersprach am ersten Verhandlungstag dieser Darstellung und berief sich auf Notwehr. Sie habe versucht, dem Mann die gemeinsame Tochter zu entreißen und wollte ihn mit der Schreckschusswaffe verjagen. Als er nicht weggelaufen sei und sich ins Auto gebeugt habe, habe sie zugestochen. Sie befürchtete nach eigenen Angaben, er habe eine Waffe aus dem Auto holen wollen.

Der Tat ging nach Angaben der Staatsanwaltschaft ein erbittert geführter Sorgerechtsstreit um die gemeinsame Tochter voraus, an dessen vorläufigem Ende der Vater 2021 das alleinige Sorgerecht vom Familiengericht zugesprochen bekam. Der Angeklagten blieb lediglich stundenweise begleiteter Umgang mit dem Kind.

Diesen Zustand wollte sie nach eigenen Angaben so nicht hinnehmen. Er könne das Kind nicht richtig erziehen und habe das Kind sogar sexuell missbraucht, warf sie ihm vor. Als Beleg nannte sie vermeintliche Krankheitsbilder wie Nabelbruch oder Verletzungen im Analbereich des Kindes. Entgegen der Vernunft, dem Willen des Geschädigten und die Entscheidung des Gerichtes entschloss sie sich schließlich dazu, das Kind wieder zu sich zu holen.

Neben der Attacke im Mai soll sie Monate zuvor bereits zusammen mit ihrer Schwester versucht haben, das Scheunentor ihres Ex-Partners mit Stromkabeln zu manipulieren. Laut Staatsanwaltschaft legte sie an die Griffe des Tores Spannung an - in der Hoffnung, dass ihr Ex-Mann beim Öffnen des Tores einen Stromschlag bekommt. Der Mann erkannte den Angaben zufolge die Manipulation und rief die Polizei. Die Angeklagte bestritt am Dienstag, diese Tat begangen zu haben.

Für November sind drei weitere Prozesstage am Landgericht angesetzt. Falle einer Verurteilung droht der Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe. Ihre Zwillingsschwester ist seit dem Vorfall untergetaucht, nach ihr wird gefahndet.

© dpa-infocom, dpa:221114-99-518109/5

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