Frankenthal:Schiedsrichter-Lehrgang im Gefängnis

Lesezeit: 2 min

Schiedsrichterausbildung in der JVA. (Foto: Uwe Anspach/dpa/Archiv)

Das Projekt der Ausbildung von Inhaftierten zu Fußballschiedsrichtern in Rheinland-Pfalz kann nach Ansicht der Organisatoren wesentlich zur Wiedereingliederung...

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Frankenthal (dpa/lrs) - Das Projekt der Ausbildung von Inhaftierten zu Fußballschiedsrichtern in Rheinland-Pfalz kann nach Ansicht der Organisatoren wesentlich zur Wiedereingliederung beitragen. „Wenn es gelingt, auch nur einen oder zwei ins Leben zurückzuführen, ist schon viel erreicht“, sagte der Schiedsrichterobmann des Fußballkreises Rhein-Pfalz, Roland Schäfer. So habe ein früherer Strafgefangener seit seiner Freilassung bereits mehr als 200 Spiele geleitet.

In dem Projekt waren erst vor kurzem in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Frankenthal zehn Absolventen zu Schiedsrichtern ausgebildet worden. Sie hatten nach einem sechswöchigen Lehrgang die Prüfung beim Südwestdeutschen Fußballverband (SWFV) bestanden. Die Ausbildung war im pfälzischen Frankenthal zum vierten Mal angeboten worden.

„Es geht nicht darum, dass die Strafgefangenen während der Ausbildung mal zwei Stunden Hafterleichterung haben“, sagte Schäfer. Es sei den Menschen während des Unterrichts anzumerken, dass sie „unheimlich aufmerksam“ seien. „Ich glaube, das bringt sie innerlich weiter. Einige von ihnen haben vorher nie eine Prüfung gemacht.“

Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin lobte das Projekt zur Schiedsrichterausbildung von Gefangenen als beispielhaft. „Ehemalige Regelbrecher werden hier ganz wörtlich zu Regelhütern. Damit leistet es einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Resozialisierung der Gefangenen“, sagte der FDP-Politiker in Mainz.

„Schiedsrichterausbildungen in Haftanstalten werden tatsächlich bundesweit im Jugend- und Erwachsenenstrafvollzug angeboten. Wir machen damit insgesamt sehr gute Erfahrungen“, sagte Tobias Wrzesinski von der Sepp-Herberger-Stiftung, die das Projekt „Vom Regelbrecher zum Regelhüter“ unterstützt. „Das ist mehr als eine griffige Formulierung. Die Inhaftierten beteiligen sich engagiert an den Ausbildungen, die durch die jeweiligen DFB-Landesverbände und lokalen Schiedsrichter-Vereinigungen angeboten werden“, betonte er.

„Wir kennen verschiedene Beispiele, die zeigen, dass nach der Inhaftierung der Kontakt bestehen bleibt und die dann ehemaligen Strafgefangenen engagiert zur Pfeife greifen“, schilderte Wrzesinski. „Unsere Botschaft ist klar: Wer nach der Inhaftierung eine neue Aufgabe in der Fußballfamilie finden möchte, bekommt unsere Unterstützung.“ Die Opfer würden darüber aber nicht vergessen.

Inhaftierte seien dankbar, dass der Fußball sie nicht vergessen habe. „Zuletzt haben etwa die Bundesliga-Schiedsrichter Christian Dingert und Markus Merk einen Kurs in der JVA Frankenthal besucht“, meinte Wrzesinski. „Natürlich erreicht man nie alle. Aber die allermeisten schöpfen aus den Besuchen und den unterschiedlichen Angeboten neue Motivation für den Alltag in der JVA und die Zeit danach“, sagte er.

Ähnlich sieht es Michael Herberger, Urgroßneffe von Weltmeistertrainer Sepp Herberger. „Fußballvereine spielen eine entscheidende Rolle für die Resozialisierung jugendlicher Straftäter. Wenn es uns gelingt, den Jugendlichen, die einen Fehler begangen, anderen Unrecht und mitunter großes Leid zugefügt haben, eine zweite Chance zu geben, können wir viel bewirken.“ Es gehe darum, den Inhaftierten Perspektiven zu eröffnen und Möglichkeiten zu geben, neue Freunde und feste Strukturen kennenzulernen, sagte Herberger.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: