Kolumbien:"Sie haben 40 Tage nicht richtig gegessen, nicht gut geschlafen"

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Die vier Geschwister während der Rettung im Dschungel von Solano im kolumbianischen Bundesstaat Caqueta. (Foto: --/dpa)

Eine Familie verunglückt mit einer "Cessna" im Regenwald. Vier Geschwister schlagen sich daraufhin mehr als einen Monat lang allein durch den Dschungel. Unklar ist, wann die Mutter der Kinder starb.

Nach 40 Tagen haben Suchtrupps vier vermisste Kinder am Freitag in Kolumbien gefunden, nun wurde erstmals mehr über ihre Zeit im Regenwald bekannt. Vieles ist allerdings weiter unklar, etwa ob die Mutter nach dem Flugzeugabsturz noch gelebt hat.

Die Familie war am 1. Mai mit einer Propellermaschine vom Typ Cessna 206 im Department Caquetá abgestürzt. Bei dem Unglück kamen der Pilot und ein indigener Anführer ums Leben; auch die Mutter der Geschwister ist tot. Erst am 16. Mai drangen Mitglieder der Spezialeinsatzkräfte des kolumbianischen Heeres bis zu dem Flugzeugwrack vor und fanden dort die Leichen der drei Erwachsenen.

Zunächst hieß es nun, die Mutter sei noch einige Tage am Leben gewesen nach dem Absturz. "Meine älteste Tochter hat mir gesagt, dass ihre Mutter noch vier Tage gelebt hat", sagte der Vater der Geschwister, Manuel Ranoque, in einem Fernsehinterview. "Bevor sie starb, hat sie vielleicht gesagt: Geht." Inzwischen hat die Familie das wieder dementiert.

Viel hätten seine Kinder bislang nicht erzählt, berichtete der Vater weiter. "Es ist nicht leicht, sie zu fragen. Sie haben 40 Tage nicht richtig gegessen, nicht gut geschlafen. Ich hoffe, dass die Kinder sich gut erholen, dann können sie selbst erzählen, was passiert ist."

Die Kinder haben überlebt, weil sie ganz hinten im Flugzeug saßen und die Baumkronen den Sturz gedämpft haben. (Foto: dpa)

Laut einem vorläufigen Bericht der Luftfahrtbehörde kollidierte das Kleinflugzeug mit den Baumkronen und stürzte danach senkrecht zu Boden. Es wird angenommen, dass der Zusammenstoß mit den Bäumen den Aufprall so stark abbremste, dass der hintere Teil der Kabine kaum beschädigt wurde, weshalb die Kinder überlebten. Sie sind ein, vier, neun und 13 Jahre alt.

Der Vater der Kinder berichtet von Morddrohungen gegen ihn

An Essen verbrauchten die Kinder zunächst wohl einen Vorrat von drei Kilogramm Maniokmehl aus dem Flugzeug. "In den Tagen nach dem Absturz aßen sie das Mehl, das sie mitgenommen hatten", zitiert der Sender CNN einen Militärsprecher. Irgendwann seien ihnen dann die Vorräte ausgegangen. Danach hätten die Kinder Samen gegessen, zitiert die Nachrichtenagentur AP den Angehörigen Fidencio Valencia. Astrid Cáceres, Leiterin des Kolumbianischen Instituts für das Wohl von Familien, sagte, die Kinder hätten auch Früchte aus dem Dschungel gegessen. Dazu könnten wilde Maracujas oder Mangos zählen.

Am Sonntag berichtete ihr Vater auch von Morddrohungen durch eine Splittergruppe der Guerillaorganisation Farc. "Die Front Carolina Ramírez sucht mich, um mich zu töten. Es gibt Drohungen gegen mich, ich bin ein Ziel für sie", sagte Ranoque. "Sie haben wirtschaftliche Interessen, und wenn man nicht tut, was sie sagen, ist man ein Feind für sie."

Die Front Carolina Ramírez ist eine Splittergruppe der Rebellengruppe Farc, die das 2016 unterzeichnete Friedensabkommen nicht mitträgt. Sie ist in den Drogenhandel verwickelt und soll im Süden des Landes zuletzt vier Minderjährige getötet haben. Ranoques Kinder waren mit ihrer Mutter auf dem Weg zu ihrem Vater, der wegen der ständigen Bedrohungen durch die Splittergruppe aus der Region geflohen war.

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40 Tage lang waren vier Kinder nach einem Flugzeugabsturz im kolumbianischen Dschungel verschollen, nun wurden sie gefunden. Dass sie überlebt haben, liegt wohl vor allem daran, dass die Älteren der Geschwister schier Unglaubliches geleistet haben.

Von Christoph Gurk und Benedikt Peters

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