Justiz - Wiesbaden:Gefangene wegen Corona-Pandemie zunächst von Haft verschont

Corona
Ansicht eines Innenhofs in der JVA Weiterstadt. Foto: Silas Stein/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Um die Justiz in der Corona-Pandemie zu entlasten, haben viele Gefängnisse in Hessen einige ihrer Strafgefangenen bis auf weiteres entlassen. Grundsätzlich galt diese Regelung laut Justizministerium für Menschen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, etwa weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlen können. Außerdem wurde die Vollstreckung der Haft in Einzelfällen auch bei weiteren Gefangenen ausgesetzt, wie aus einer Antwort des Justizministeriums in Wiesbaden auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Landtagsfraktion hervorgeht.

Insgesamt 268 Häftlinge seien bis zum Stichtag 12. April über diese Regelungen auf freien Fuß gekommen. Mit den Entlassungen habe sich die Vollstreckung der Haft nicht erledigt, erklärte das Ministerium. Allein 151 Häftlinge aus der JVA Frankfurt IV kamen wegen der Corona-Krise bis auf weiteres frei (Stichtag 12. April). Daneben unter anderem jeweils 28 aus der JVA Darmstadt und JVA Hünfeld. Seit Mitte März befinden sich nach Angaben des Ministeriums auch keine Arrestierten mehr in der Jugendarresteinrichtung Gelnhausen.

Die Gefängnisse seien deutlich leerer, sagte ein Sprecher des Justizministeriums. Aktuell säßen rund 3900 Männer und Frauen ein. Von den rund 5800 hessischen Haftplätzen sind in normalen Zeiten im Durchschnitt 4300 belegt. Einen Corona-Fall habe es noch nicht gegeben, erläuterte der Sprecher.

In mehr als 3600 Fällen wurden Haftantritte verschoben, um den Justizvollzug in der Pandemie zu entlasten. Dies betrifft ganz überwiegend Ersatzfreiheitsstrafen. In einigen Fällen sei auch der Haftantritt bei solchen Gefangenen verschoben worden, die unmittelbar in den offenen Vollzug gegangen wären, teilte das Ministerium weiter mit. Auch kurze Freiheitsstrafen unter einem Jahr wurden demnach verschoben, solange es sich nicht um Sexual- oder grobe Gewalttaten handelt und dies unter Sicherheitsaspekten als vertretbar galt.

Mit einem "Stau" beim Haftvollzug nach einer möglichen Entspannung in der Coronakrise rechnete der Ministeriumssprecher nicht. Vor allem während des Lockdowns habe es teils deutlich weniger Kriminalität gegeben - beispielsweise weniger Ladendiebstähle.

Hessens Justiz hatte mit einem umfassenden Pandemieplan auf die Coronakrise reagiert. Unter anderem kommen neue Gefangene nur noch in bestimmte Haftanstalten, die über ausreichend Möglichkeiten für eine sichere Aufnahme verfügen. In den Anstaltsschneidereien werden Schutzmasken hergestellt, Kontakte zwischen den Häftlingen begrenzt. Es galt zunächst ein strenges Besuchsverbot, dass inzwischen leicht gelockert wurde: Unter strikten Abstands- und Hygienebedingungen dürfen engste Angehörige wieder in die Haftanstalten kommen. Außerdem öffnen die Ausbildungs- und Eigenbetriebe in den Justizvollzugsanstalten wieder.

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