Justiz - Erfurt:Justizminister gegen Verfassungsschutzabfrage bei Juristen

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Dirk Adams, Justizminister von Thüringen, spricht vor Verhandlungsbeginn im Verfassungsgerichtshof. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Erfurt (dpa) - Thüringens Justizminister Dirk Adams (Grüne) lehnt eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz für Einstellungen von Juristen in den Staatsdienst ab. Er halte dieses Mittel für ungeeignet, um herauszufinden, ob jemand auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht, sagte Adams der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Solche Abfragen stellten nur eine Momentaufnahme dar. "Aber was sagt mir das über die Persönlichkeit?"

In Thüringen setze man auf häufige Beurteilungen während der Probephase eines Richters. Außerdem gebe es ein strukturiertes Bewerber-Interview mit "ganz intensiven Gesprächen", wie Adams sagte.

In etlichen Bundesländern wird darüber diskutiert, wie die Verfassungstreue von Juristen im Staatsdienst überprüft werden kann. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) etwa strebt einen Verfassungstreue-Check für Beamte an - und will das noch in diesem Jahr durch den Brandenburger Landtag bringen. Sein Ziel: Vor der Einstellung eines Beamten soll der Landesverfassungsschutz prüfen, ob es Zweifel daran gibt, dass der Anwärter Probleme damit hat, das Grundgesetz zu vertreten. Das Vorhaben ist aber umstritten.

In Niedersachsen, wo eine Koalition aus SPD und CDU die Regierung stellt, schlug jüngst der dortige Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident Bernd Althusmann (CDU) ebenfalls eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz vor - noch bevor Juristen eingestellt werden. Bei der SPD stieß der Vorstoß auf Skepsis.

Auch der Grünen-Politiker Adams warnte: Bei einer Regelabfrage würde der Verfassungsschutz womöglich schon vor dem Einstellungsverfahren einen Blick auf angehende Juristen werfen. "Jemand, der ein juristisches Studium antritt, würde automatisch in den Fokus treten. Das wäre die Konsequenz daraus, wenn man das effektiv machen würde", sagte Adams.

Für Aufregung hatte zuletzt ein Fall in Sachsen gesorgt, wo der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier nach dem Verlust seines Mandates auf seinen Richter-Posten zurückkehren will. Der sächsische Verfassungsschutz stuft Maier als Rechtsextremisten ein, wie im Oktober 2020 bekannt wurde. Begründet wurde die Entscheidung mit seiner Zugehörigkeit zum extremistischen "Flügel" der AfD, der sich im Frühjahr 2020 formal aufgelöst hatte.

Adams sagte, ein solcher Fall wie in Sachsen wäre auch für Thüringen schwierig. Man müsse sich stets den Einzelfall anschauen. Nur aus einer AfD-Mitgliedschaft ließe sich womöglich nicht in jedem Fall ableiten, einen Bewerber abzulehnen. "Ein generelles Abweisen würde wohl erst möglich werden, wenn es auch ein erfolgreiches Verbotsverfahren gibt", sagte Adams. Es sei an der Innenministerkonferenz, darüber zu diskutieren, ob man ein Verbot der AfD anstreben wolle oder nicht. Er sehe aber, dass eine solche Diskussion nicht geführt werde. "Womöglich aus gutem Grund."

In Thüringen ist der AfD-Landesverband vom Landesverfassungsschutz als erwiesene extremistische Bestrebung und als Beobachtungsobjekt eingestuft.

© dpa-infocom, dpa:220219-99-200678/3

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