Prozess gegen Ex-Fußballer:Urteil gegen Jérôme Boateng aufgehoben

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Jérôme Boateng , hier auf einem Bild aus dem Berufungsprozess im November 2022, gilt nach der Aufhebung des Urteils weiterhin als nicht vorbestraft. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Im Verfahren um Körperverletzung und Beleidigung gegen den ehemaligen Nationalspieler wird es eine vierte Runde geben: Das Bayerische Oberste Landesgericht verweist den Fall zurück ans Landgericht.

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat die Verurteilung von Jérôme Boateng wegen Körperverletzung und Beleidigung aufgehoben. Es gab der Revision des Ex-Fußballnationalspielers und auch der von Staatsanwaltschaft und Nebenklage am Donnerstag statt und verwies das Verfahren an das Landgericht München I zurück. Dort wird sich eine andere Kammer mit dem Rechtsstreit befassen müssen - im dann vierten Prozess in der Causa.

Boatengs Anwalt Leonard Walischewski hatte den damaligen Prozess als "erschütternd unfair" bezeichnet. "Der Angeklagte Boateng war schon endgültig verurteilt, bevor das Berufungsverfahren überhaupt begonnen hatte." Der heute 35 Jahre alte Boateng war wegen Angriffen auf seine Ex-Freundin in einem Karibik-Urlaub in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10 000 Euro verurteilt worden, insgesamt 1,2 Millionen Euro. Boateng sei damals "in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt" worden, kritisierte sein Anwalt. "Der Vorsitzende Richter war nicht neutral, er war nicht distanziert." Dabei bemängelte er vor allem, dass der Richter daran beteiligt gewesen sei, einen Befangenheitsantrag gegen sich selbst abzulehnen. Außerdem habe der Vorsitzende betont, dass weitere Beweisanträge von Boateng und seinen Verteidigern sich negativ auf eine Strafe auswirken könnten. Der Anwalt warf dem Richter "prozesswidriges und willkürliches Verhalten" vor. "Der Vorsitzende wollte nicht aufklären."

"Für uns ist der Sachverhalt mehr als nachgewiesen", hatte der Richter in der Urteilsbegründung im vergangenen Herbst gesagt. Boatengs Verteidiger hatten dagegen einen Freispruch für den Fußballprofi beantragt. Sie gingen davon aus, dass seine Ex-Freundin die Vorwürfe "im Kampf um die Kinder" erfunden und "instrumentalisiert" habe. Wäre das Urteil rechtskräftig geworden, wäre der Fußballweltmeister von 2014 vorbestraft gewesen. Boateng, dessen frühere Lebensgefährtin und auch die Staatsanwaltschaft hatten Revision gegen das Urteil eingelegt. Sie forderten eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und eine härtere Strafe

Der Rechtsstreit ist äußerst langwierig. Das Amtsgericht München hatte bereits im Jahr 2021 eine höhere Geldstrafe gegen Boateng verhängt, jedoch war die Zahl der Tagessätze nur halb so hoch - 60 Tagessätze zu je 30 000 Euro, also insgesamt 1,8 Millionen Euro. Ab mehr als 90 Tagessätzen gelten Verurteilte als vorbestraft. Boateng, der lange für die deutsche Nationalmannschaft und den FC Bayern München spielte, stand bis Juni beim französischen Fußball-Erstligisten Olympique Lyon unter Vertrag, derzeit ist er vereinslos.

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