Die Geschworenen in New York City haben den ehemaligen Filmproduzenten Harvey Weinstein der Sexualverbrechen schuldig gesprochen. Er war wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und "predatory sexual assault" angeklagt. Schuldig gesprochen wurde er nun wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung. Das Strafmaß wird am 11. März verkündet.
Im Kern ging es in dem Verfahren um zwei seiner mutmaßlichen Opfer: Miriam "Mimi" Haleyi, einer ehemaligen Produktionsassistentin der Weinstein Company, soll der Filmproduzent 2006 in seinem Appartement Oralverkehr aufgezwungen haben. Außerdem warf die Staatsanwaltschaft ihm vor, 2013 die heutige Friseurin Jessica Mann in einem Hotel vergewaltigt zu haben. Strittig war in der Jury zuletzt offenbar vor allem ein dritter, nur schwer ins Deutsche übersetzbarer Vorwurf: Beim "predatory sexual assault" geht es nicht um einen einzelnen Übergriff, sondern um ein "raubtierhaftes" Verhaltensmuster gegenüber Frauen. Dieser Straftatbestand war aus Sicht der Jury nicht erfüllt.
Waren Weinsteins Übergriffe "raubtierhaft"?
Seit vergangenem Dienstag hatten sieben Männer und fünf Frauen über die Schuldfrage beraten. Am Freitagnachmittag gerieten die Jury-Besprechungen in eine Sackgasse: Beim Richter ließen sie nachfragen, ob es möglich sei, nicht in allen Anklagepunkten zu einem einstimmigen Ergebnis zu kommen.
Für "predatory sexual assault" sieht der Staat New York die Höchststrafe vor: lebenslänglich - was bei einem Ersttäter wie Weinstein zehn bis 20 Jahre Haft bedeuten würde. Bei diesem Punkt ging es nicht nur um die Glaubwürdigkeit von Haleyi beziehungsweise Mann, sondern um eine weitere Frau: die Sopranos-Darstellerin Annabella Sciorra. Auch sie beschuldigt Weinstein einer Vergewaltigung. Weil dieser mutmaßliche Übergriff bereits Anfang der 90er-Jahre stattgefunden haben soll, gilt er eigentlich als verjährt - allerdings durfte er berücksichtigt werden, um dem Angeklagten ein kriminelles Verhaltensmuster nachzuweisen.
Alle Nachfragen, die die Jury seit vergangenem Dienstag an das Gericht gestellt hatte, bezogen sich auf den Fall Sciorra. Die mittlerweile 59-Jährige hatte als erste Belastungszeugin vor mehr als vier Wochen ausgesagt. Am Freitagmorgen war auf Bitten der Jury noch einmal ein entscheidender Teil der Aussage der Schauspielerin von den beiden Gerichtsstenografen vorgelesen worden.
Weitere Vorwürfe gegen Weinstein
Der 67-Jährige wirkte bei der Urteilsverkündung resigniert. Justizmitarbeiter legten ihm Handschellen an und führten ihn aus dem Gerichtssaal. Der Richter entschied, dass Weinstein in der Krankenstation festgehalten wird, nachdem seine Rechtsbeistände gesagt hatten, dass er wegen einer erfolglosen Rückenoperation ärztlicher Behandlung bedürfe.
Der einstige Erfolgsproduzent von "Pulp Fiction", "Good Will Hunting" und anderen Filmen sieht sich nun mit weiteren Vorwürfen in Los Angeles konfrontiert. Die Behörden beschuldigen ihn dort, in der Woche der Verleihung der Oscars 2013 eine Frau vergewaltigt und einen weiteren sexuellen Übergriff auf eine andere Frau verübt zu haben.
Mehr als 90 Frauen haben Vorwürfe gegen Weinstein erhoben, darunter die Schauspielerinnen Gwyneth Paltrow, Salma Hayek und Uma Thurman. Der Prozess in New York war der erste in diesem Zusammenhang. Die meisten mutmaßlichen Vergehen sind verjährt.