Gendern:Karlsruhe weist Klage auf weibliche Anrede ab

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Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) werden 2018 Formulare der Sparkasse gezeigt, die mit männlicher Anrede versehen sind. Das Bundesverfassungsgericht wies die Klage der Klägerin aus dem Saarland gegen die Praxis nun ab. (Foto: Uli Deck/dpa)

In der Verfassungsbeschwerde geht es um den Gebrauch des generischen Maskulinums - konkret um die Ansprache in Formularen der Sparkasse. Die 82-jährige Klägerin will nicht aufgeben.

Sparkassen und andere Institutionen dürfen vorerst weiter in ihren Vordrucken und Formularen auf grammatisch weibliche Personenbezeichnungen wie "Kundin" oder "Kontoinhaberin" verzichten. Das Bundesverfassungsgericht wies die Klage einer Frau aus dem Saarland gegen die Praxis wegen Mängeln in der Begründung ab. Das teilte das Gericht in Karlsruhe am Mittwoch mit.

Damit wurde über die rechtliche Frage nicht inhaltlich entschieden (Az. 1 BvR 1074/18). Der Klägerin Marlies Krämer geht es ums Prinzip. Sie hat ihre Sparkasse verklagt und war 2018 mit 80 Jahren bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) gezogen, weil sie auch in Formularen als Frau wahrgenommen werden will. Bisher scheiterte die Klage aber in allen Instanzen.

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Der BGH entschied, dass das sogenannte generische Maskulinum im Sprachgebrauch üblich sei und keine Geringschätzung gegenüber Menschen anderen Geschlechts zum Ausdruck bringe. Die Form werde auch in vielen Gesetzen und selbst im Grundgesetz verwendet. Daraufhin reichte Krämer Verfassungsbeschwerde ein. Diese wurde wegen der unzureichenden Begründung nun aber gar nicht zur Entscheidung angenommen.

Für Klägerin Marlies Kärmer ist der Kampf um geschlechtergerechte Sprache auf Formularen noch nicht vorbei. Sie will nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ziehen. "Ich gebe nicht auf, ich mache weiter, bis das Rennen gelaufen ist", sagte die 82 Jahre alte Frauenrechtlerin.

Ein neuer Anlauf könnte sich möglicherweise lohnen: "Wäre über die Verfassungsbeschwerde in der Sache zu entscheiden, führte dies zu ungeklärten Fragen der Grundrechtsrelevanz der tradierten Verwendung des generischen Maskulinums sowie zu Fragen der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung von Gleichstellungsgesetzen, die die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache vorschreiben", teilte das Gericht mit.

Laut Susanne Christ, Anwältin von Krämer, wäre davor zunächst aber erneut der Weg durch alle Instanzen notwendig. Der Weg zum EGMR sei hingegen frei, nachdem Krämer den Rechtsweg in Deutschland nun vollständig ausgeschöpft hat. "Wir reichen fristgemäß Klage ein, das ist beschlossene Sache", sagte Christ. "Meine Mandantin ist eine Kämpferin." Allerdings wird es nach ihren Worten zwei oder drei Jahre dauern, bis die Straßburger Richter darüber entschieden haben.

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