Nicht, dass man generell was gegen Schummeln hätte. Das ganze Leben ist doch eine einzige Schummelei, das wissen vor allem diejenigen, die es mit zweifelhaften Methoden geschafft haben, nach ganz oben zu kommen. IOC-Präsidenten zum Beispiel. Gut, ein bisschen Talent und Glück gehören auch dazu. Ansonsten gilt: Der Lauscher an der Wand hört meist doch wesentlich mehr als nur die eigene Schand'.
Wobei Schummeln oft nicht nur Schummeln ist, sondern Betrug. Der TÜV hat gerade erklärt, mit 2700 Täuschungsversuchen im laufenden Jahr gebe es bei den theoretischen Führerscheinprüfungen in Deutschland einen neuen Rekord. 38 Prozent mehr (entdeckte) Fälle als im Vorjahr! Das lasse auch für die sogenannte Dunkelziffer nichts Gutes erwarten. Beliebt sei zum Beispiel die sogenannte "Stellvertreterprüfung", bei der man jemanden statt seiner selbst in den Testraum schickt, da er (oder sie) sich vielleicht besser damit auskennt, ob man wirklich vor jeder roten Ampel halten sollte. Ein weiteres Drittel, so der TÜV, habe während der Abfrage unerlaubte technische Hilfsmittel eingesetzt, zum Beispiel, wenn es um die Beantwortung der Frage ging, ob man bei einem Spurwechsel wirklich einen Hinweis zu geben hat. Das letzte Drittel bevorzugte zur Lösung solcher und ähnlicher Aufgabenstellungen den klassischen Spickzettel (und den haben letztlich schon Schauspielgrößen wie Marilyn Monroe, Marlon Brando und Hans Albers während ihrer Arbeit benutzt).
Wobei es laut TÜV schon ein Problem damit gibt, dass die Erwischten manchmal anfangen, sich verbal zu wehren (in 20 der protokollierten Fälle sei den Prüferinnen und Prüfern sogar körperliche Gewalt angedroht worden, so heißt es im Bericht). Verschärft wird die Situation dadurch, dass in Deutschland bei der Theorie für die Klasse B derzeit 45 Prozent der Prüflinge durchrauschen. In der praktischen Prüfung sind es 37 Prozent. Da liegen freilich schon frühmorgens manchmal die Nerven blank. Dabei ist Schummeln durchaus gefährlich: Wer erwischt wird, dem droht eine neunmonatige Prüfungssperre.
Einen Ausweg für alle Führerscheininteressierten könnten Reisen ins Ausland bieten. In Länder, in denen es lockerer zugeht. In Österreich zum Beispiel hat der Oberste Gerichtshof gerade Geldstrafen-Urteile gegen Dutzende betrügerische Führerscheinprüflinge aufgehoben. Die Begründung: Urkundenfälschung sei nicht der passende Straftatbestand. (Nur mit dem Verwaltungsstrafrecht könne man die Frevler womöglich noch kriegen.) Ein Ausweg könnte vielleicht auch darin bestehen, die Anforderungen (und Kosten) für den Erwerb eines Führerscheins auch hierzulande wieder ein wenig menschenfreundlicher zu gestalten.
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