Brände:"Die Regierung sagt uns nicht, was passiert"

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Zwei Männer suchen nach verbrannten Dokumenten in den verkohlten Trümmern. (Foto: JUSTIN SULLIVAN/Getty Images via AFP)

Auf der Hawaii-Insel Maui steigt die Zahl der Opfer unaufhörlich. Niemand weiß, wie viele Menschen noch vermisst sind. Opfer können nur mit DNA-Tests identifiziert werden - haben die Behörden versagt?

Die Zahl der Todesopfer der Waldbrände auf Maui im US-Bundesstaat Hawaii ist auf 93 angestiegen. Damit sind die Brände die tödlichsten in den USA seit mehr als 100 Jahren. Nach Angaben des Gouverneurs des Bundesstaats Hawaii, Josh Green, werden weitere Tote befürchtet. "Dies ist die größte Naturkatastrophe, die wir je erlebt haben", sagte Green. "Es wird auch eine Naturkatastrophe sein, die unglaublich viel Zeit braucht, um sich davon zu erholen." Gerade einmal drei Prozent des Gebietes seien bisher abgesucht worden, so die Behörden. Die Kleinstadt Lāhainā hat es besonders hart getroffen. Dort sieht es aus wie in einem Kriegsgebiet.

Zwei der 89 Leichen, die aus dem ausgebrannten Gebiet geborgen wurden, konnten anhand von DNA-Spuren identifiziert werden, sagte der Polizeichef von Maui, John Pelletier. Er beschreibt den Brand als "ein Feuer, das Metall zu schmelzen gebracht hat", das mache es schwer, die Opfer zu identifizieren. Er sagte, die Zerstörung sei so heftig gewesen, dass jede geborgene Leiche anhand von DNA identifiziert werden müsse. Die Behörden suchen außerdem mit Leichenspürhunden nach weiteren Opfern. Am Samstag ordneten sie zwölf weitere Spürhunde an. Nach früheren Schätzungen werden noch etwa 1000 Menschen vermisst.

Suchtrupps versuchen Leichen aufzuspüren. (Foto: Andrew Jackson/Imago)

Die Katastrophenschutzbehörde FEMA erklärte, dass etwa ein Dutzend Bundesbehörden mit Hilfsmaßnahmen für die Brandopfer im Einsatz seien. 150 FEMA-Mitarbeiter, darunter auch Such- und Rettungstrupps, seien bereits auf Maui, weitere seien unterwegs. Gouverneur Green räumte ein, dass die Notversorgung schleppend anlaufe, weil es schwierig sei, von anderen Inseln Material nach Maui zu bringen. Die Lage sei beispiellos verheerend.

"Es gibt keine Transparenz", sagte Profisurfer Kai Lenny in einem Video auf Instagram. "Die Regierung sagt uns nicht, was passiert, und dadurch weiß keiner, wie wir helfen können." Er selbst habe mit einem Jetski über das Wasser Menschen mit dem Nötigsten versorgt, weil viele Straßen gesperrt seien, sagte Lenny. Die Rettungsarbeiten in der Kleinstadt Lāhainā werden dadurch erschwert, dass nur eine große Zufahrtsstraße erreichbar ist. Unterdessen sei die Feuerwehr weiter im Einsatz, um Feuer in verschiedenen Regionen der Insel einzudämmen, teilte die Regierung des Bezirks Maui in der Nacht zum Samstag (Ortszeit) mit.

Menschen konnten sich nur noch durch einen Sprung in den Pazifischen Ozean retten

Die Menschen waren am Dienstag von dem Feuer überrascht worden. Einwohner begannen Evakuierungen auf eigene Faust, Touristen wurden aufgefordert, sich selbst in Sicherheit zu bringen. Die Bezirksregierung veröffentlichte Evakuierungsanweisungen auf Facebook, während sich das Feuer in der Stadt ausbreitete. Augenzeugen berichteten, sie hätten kaum etwas davon mitbekommen. Mehrere Menschen konnten sich nur noch durch einen Sprung in den Pazifischen Ozean retten. "Dies ist das Alptraumszenario", sagte der Spezialist für Klima und Gemeinden am Urban Institute in Washington, Andrew Rumbach. "Ein sich schnell ausbreitendes Feuer in einem dicht besiedelten Ort mit schwieriger Kommunikation und nicht vielen guten Möglichkeiten für eine Evakuierung."

In der Stadt Lāhainā, die vor dem Unglück etwa 13 000 Einwohner hatte, hatte es zudem Beschwerden darüber gegeben, dass eine Evakuierung möglicherweise zu spät angeordnet wurde. Kritik hatte es auch daran gegeben, dass zu Beginn keine Warnsirenen zum Einsatz gekommen sein sollen. Später hatte Feuerwehr-Chef Bradford Ventura bei einer Pressekonferenz gesagt, dass sich die Brände überraschend schnell ausgebreitet hätten und dass es zuvor "nahezu unmöglich" gewesen sei, schnell genug Evakuierungen anzuordnen.

2200 Gebäude wurden durch das Feuer zerstört. (Foto: Kevin Fujii/Imago)

Laut aktualisierten Zahlen des Pacific Desaster Center und der US-Katastrophenschutzbehörde FEMA sind in dem Bezirk etwa 2200 Gebäude durch das Feuer beschädigt oder zerstört worden. Erste Schätzungen gehen von etwa 5,5 Milliarden Dollar (fünf Milliarden Euro) für den Wiederaufbau dort aus. Neben den Feuern im Westen Mauis waren in weiteren Regionen der Insel sowie auf der Nachbarinsel Hawaii Anfang der Woche Brände ausgebrochen, die sich wegen starker Winde mit Geschwindigkeiten von bis zu 130 Kilometern pro Stunde schnell ausgebreitet hatten. Mit einer Fläche von etwa 1900 Quadratkilometern ist die hawaiianische Insel etwa halb so groß wie die spanische Urlaubsinsel Mallorca.

© SZ/dpa/Bloomberg/Reuters/mva - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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