Dresscodes im Büro:Ohne High Heels kein Gehalt

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Wer hat es bequem, wer nicht? Die Füße von Thorsten Dirks Rachel Empey und Markus Haas, alles Vorstandsmitglieder bei Telefonica (Archivbild) (Foto: dpa)

Dürfen Arbeitgeber ihren Mitarbeiterinnen hohe Absätze vorschreiben? Ein Fall aus England hat eine Debatte ausgelöst.

Was ist passiert?

Die 27-jährige Nicola Thorp war zur Arbeit bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers mit flachen Schuhen erschienen - und prompt von ihrem Vorgesetzten wieder nach Hause geschickt worden.

Dem Rundfunksender BBC berichtete die Angestellte der Zeitarbeitsfirma Portico, dass sie von ihrem Vorgesetzten darauf hingewiesen worden sei, dass bei PwC "nur Frauen mit Stöckelschuhen am Empfang" arbeiteten. Als sie darauf verwies, dass ihre männlichen Kollegen auch flache Schuhe tragen dürften, wurde sie ausgelacht und ohne Bezahlung nach Hause geschickt. Ihr sei gesagt worden, sie müsse sich ein Paar Stöckelschuhe kaufen oder sich einen anderen Job suchen.

Warum ist das wichtig?

Mehr als 100 000 Briten sind offensichtlich der Meinung, dass solche Vorschriften abgeschafft werden müssen. So viele Unterschriften hat die am vergangenen Montag gestartete Online-Petition inzwischen gesammelt, in der Thorp fordert, dass Arbeitgeber nicht mehr das Recht haben sollten, Stöckelschuhe vorzuschreiben.

In den sozialen Netzwerken erregt das Thema auch international Aufmerksamkeit. Unter dem etwas komplizierten Hashtag #fawcettflatsfriday (initiiert von der britischen Gleichberechtigungsorganisation Fawcett Society) teilten Nutzerinnen am Freitag Bilder ihrer - flachen - Schuhe. Manche, wie die britische Abgeordnete Stella Creasy, mit ironischem Unterton: "Meine Güte, ich trage flache Schuhe - das beeinflusst SELBSTVERSTÄNDLICH meine Fähigkeit, meinen Job zu erledigen."

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Eine ähnliche Debatte löste vor einem Jahr das Filmfestival in Cannes aus (#flatgate). Angeblich sind damals Frauen mit flachen Schuhen nicht zu Galavorstellungen zugelassen worden.

Die Reaktionen:

Da die Petition die Marke von 100.000 Unterschriften überschritten hat, muss sich das britische Parlament nun mit dem Anliegen beschäftigen. Die beteiligten Firmen ließen mitteilen, dass es derlei Vorschriften bei ihnen gar nicht gäbe (PricewaterhouseCooper) beziehungsweise dass sie nun überarbeitet würden (Portico).

Doch diese schnellen Reaktionen konnten die Diskussion nicht mehr einfangen - aufgehängt am Absatzproblem wird nun heftig über weibliche Selbstbestimmung und Sexualisierung, über Gleichberechtigung und zulässige Dress Codes am Arbeitsplatz diskutiert.

Da werden riesige Fässer aufgemacht: Sind High Heels ein Mittel, Frauen wehrlos zu machen, damit sie nicht davon rennen können? Oder ist es ein Zurschaustellen weiblicher Macht, hohe Absätze zu tragen, weil die Frau damit signalisiert, eine Flucht überhaupt nicht nötig zu haben? Sind Stöckelschuhe wirklich das Schuhwerk für Geschäftsfrauen - oder zeigen sie, dass auch Managerinnen zuallererst sexy und attraktiv zu sein haben?

Hohe Schuhe sind unbequem

Grace Dent ist im Independent zum Beispiel der Meinung, dass Feministinnen nicht so rumheulen sollen: "Das professionelle Frauenroboter-Kostüm ist wie eine Rüstung. Bleistiftrock, Lippenstift, eine Wolke Parfum und sieben Zentimeter Absatz." Frauen sollten es einfach tragen - Männer müssten auch in bestimmten Branchen Anzug und Krawatte anziehen, ob sie wollten oder nicht.

Dass das nicht ganz dasselbe ist, stellt Deborah Orr im Guardian klar, wenn sie fragt: "Warum kann ein Mann gut, sogar formell, gekleidet sein und es gleichzeitig bequem haben und beweglich sein - während Frauen das in zurückgebliebenen Ecken der westlichen Welt nicht können?" Denn das ist der Punkt bei hohen Schuhen: Sie sind unbequem, ab einer bestimmen Höhe sogar gesundheitsgefährdend.

Ob und welche Dresscodes noch zeitgemäß und sinnvoll sind und welche die Selbstbestimmung zu sehr einschränken, ist eine Frage. Ob solche Vorschriften schmerzhaft und ungesund sein dürfen, eine andere. Letztere sollte leicht zu beantworten sein.

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