SZ-Serie "Ein Anruf bei...":"Der ganze Keller war unter Dampf"

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Turgut Tünay, 43, ist Koch und Küchenchef - und stellt nebenbei Döner aus der Dose her. (Foto: privat)

Als sein Vater in den Siebzigerjahren im Saarland Döner verkaufte, wussten die Leute nicht, was das ist. Jetzt hat Turgut Tünay ausgetüftelt, wie er Döner haltbar machen kann - und vertreibt sie in der Dose.

Interview von Nadja Tausche

Turgut Tünay, Sohn eines Dönerbudenbesitzers, verkaufte seinen ersten Dosen-Döner vor einem halben Jahr, mittlerweile stellt er 300 Stück im Monat her. Den Inhalt muss man im Wasserbad wärmen und braten - oder man stellt die Dose in die Mikrowelle. Der Dosen-Döner ist ein Familienprojekt, Tünays Frau ist Geschäftsführerin, auch seine Kinder helfen mit.

SZ: Herr Tünay, Sie wurden in der Spitzenküche von Schloss Berg im Saarland ausgebildet, waren später Küchenchef in einem Vier-Sterne-Hotel. Wie bitte kommt man da auf die Idee, einen Dosen-Döner herzustellen?

Turgut Tünay: Mein Vater macht den leckersten Döner den ich kenne, und den bekomme ich nirgendwo her. Vor ein paar Jahren haben wir mal probiert, Döner einzufrieren. Wir haben ungefähr fünf Kilo gemacht, das hat aber nicht geschmeckt.

Ach, tatsächlich.

Dann habe ich mir gedacht, das müsste ja eigentlich auch in Dosen gehen - man müsste es nur richtig einkochen. Wir haben uns dann einen großen Schnellkochkopf gekauft und bei meinen Schwiegereltern im Keller angefangen, Döner einzuwecken, damals noch in Weckgläsern. Das ist ein Prozess, der auf Druckdampf basiert, und den muss man ab und zu ablassen. Beim ersten Mal war der ganze Keller unter Dampf, die Waschküche, der Partyraum, die Werkstatt.

Immerhin hat sich der Aufwand nun gelohnt.

Am Anfang haben wir nur für uns produziert, aber dann kam uns der Gedanke, das zu verkaufen. Irgendwann haben wir uns deshalb eine Dosenschließmaschine gekauft.

Wie findet denn Ihr Vater das Ganze?

Er hat das erst mal nicht geglaubt. Irgendwann ist meine Schwester in die Türkei geflogen, wo er lebt, und hat ein paar Dosen mitgenommen. Hat ihm super geschmeckt.

Wirklich?

Ja, es ist ja sein Rezept, von 1965. Er wird auch erwähnt, auf der Dose steht: "Ismails Döner Kebab". Er hat erst bei Iskender ausgeholfen, dem ersten Dönerrestaurant der Welt. Dann ist er in ein Hotel gewechselt, wo irgendwann sein Küchenchef meinte: Wir wollen auch mal Döner ins Programm nehmen. Mein Vater, mit 17, vorlaut, meinte: Ich kann das. Der Küchenchef: Du hast doch keine Ahnung. Doch, meinte er, ich kann das wirklich. Dann haben sie Döner gemacht.

Auf Ihrer Website schreiben Sie, dass Ihre Eltern den ersten Dönerverkauf im Saarland betrieben haben.

Meine Eltern sind Anfang der Siebziger nach Deutschland gezogen, beruflich, mein Vater war Boxer. Ein paar Jahre später haben sie angefangen, Döner zu verkaufen.

Wie hat das Saarland denn damals auf türkischen Döner reagiert?

Mein Vater hat immer erzählt, die Leute wussten gar nicht, was das ist. Die haben gefragt: Ist das Käse?

Käse, aha. Hat es ihnen denn dann geschmeckt?

Ja, sehr gut! Ich kann mich erinnern, als ich klein war, da hat irgendwann mein Vater zu mir gesagt: Es reicht, wir müssen jetzt mal Pause machen. Stell dich in die Schlange und sag den Leuten, dass sie gehen sollen.

Es heißt ja, im Vergleich zum türkischen Döner ist das deutsche Exemplar nicht so das Wahre. Was ist das Schlimmste am deutschen Döner?

Ich möchte die Kollegen nicht schlecht machen, da muss jeder für sich entscheiden. Für mich ist es wichtig, dass der Döner so sauber wie möglich ist. Wir haben keine Streckmittel, keine Geschmacksverstärker, das Fleisch kommt von einem kleinen Hof aus der Region.

Passt nicht so ganz zu dem Image, das Essen aus der Dose hat...

Ich war am Anfang von dem Produkt selbst nicht ganz überzeugt. Bevor wir den Dosen-Döner verkauft haben, haben wir ihn so 100 Leuten zum Probieren gegeben. Da waren auch Freunde darunter, sehr gute Freunde, die gesagt haben: Das schmeckt ihnen gar nicht. Und einige haben gesagt: Wow, cool.

Wie viel kostet denn Ihr Dosen-Döner?

9,45 Euro, wenn Sie ihn online bestellen.

Das ist ja mehr als ein frischer Döner.

Hm, das ist immer eine Frage der Kalkulation. Wenn Sie einen großen Döner essen, ist da viel Gemüse dabei, viel Brot. Der Fleischanteil liegt bei 100 bis 120 Gramm. Bei uns sind es 165 Gramm.

Holen sie sich woanders auch manchmal einen frischen Döner?

Nee. Ich habe ja meinen Döner. Warum sollte ich jetzt andere probieren?

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