Königin Margrethe II.:Eine von Dänen

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Vier von fünf Dänen sagen in Umfragen, hinter dem Königshaus zu stehen, und das wird sich nicht ändern, solange Margrethe noch Königin ist. (Foto: PPE /imago images)

Kettenraucherin, Künstlerin, Königin: Margrethe II. ist in Dänemark ziemlich beliebt. Gegner der Monarchie haben es zum 50. Thronjubiläum schwer, dabei sind ihre Argumente ziemlich unterhaltsam.

Von Kai Strittmatter, Kopenhagen

Das dänische Magazin Atlas veröffentlichte Anfang des Jahres eine sehr ernst gemeinte und sehr unterhaltsame republikanische Polemik. Der Autor listete darin zehn gute Gründe auf, warum das anstehende 50. Kronjubiläum von Königin Margrethe II. der beste Zeitpunkt sei, das Unternehmen dänische Monarchie umgehend abzuschaffen.

Neben den altbekannten aufklärerischen Impulsen (Die Monarchie ist ein vordemokratisches Relikt und Opium für das Volk) findet der Autor zudem, Grund 4: "Die Königin stößt eine Menge CO₂ aus" (all die Limousinen, all die Paläste). Oder Grund 5: "Die Königin ist die Ursache für die Veröffentlichung einer Flut von niederschmetternden und lächerlichen Büchern von ansonsten talentierten und klugen Autoren".

"Die Königin stößt eine Menge CO₂ aus", kritisieren Monarchiegegner - und meinen damit wohl auch ihre Reisen. (Foto: Christian Klindt Soelbeck/AP)

Der Artikel knöpft sich dann die Begeisterung des Volkes über die künstlerischen Zeitvertreibe von Margrethe II. vor, die der Autor für eher schlicht befindet und die ihm zufolge nur deshalb solches "Ah" und "Oh" auslösen, weil es eben eine Königin ist, die da Pinsel und Schere in die Hand nimmt ("Scherenschnitte? Ernsthaft?"). Die Argumentation mündet in der Feststellung, die Königin sei in Wirklichkeit nicht mal richtig königlich: "Leider. Sie ist eine mittelmäßige Mittelschichttype".

Wie eine dänische Kleinfamilie, nur mit etwas mehr Wohnraum, so porträtieren dänische Medien ihr Königshaus (Im Archivbild von 2007: Margrethe und ihr 2018 verstorbener Ehemann Prinz Henrik mit vier Enkeln) gerne. (Foto: Steen Brogaard/dpa)

Ein wenig überspitzt, die Formulierung, aber mit einem wahren Kern. In den Medien wird das Königshaus gerne mit den Zügen einer typisch dänischen Kleinfamilie porträtiert, mit etwas mehr Wohnraum halt. Margrethe gibt den Dänen oft das Gefühl: Sie ist eine von uns. Genau da liegt allerdings wohl auch ihr Erfolgsgeheimnis. Die Gegner der Monarchie sind in Dänemark einsame Menschen: Vier von fünf Dänen sagen in Umfragen, hinter dem Königshaus zu stehen, und das wird sich nicht ändern, solange Margrethe noch Königin ist. Eine Frau, die sich zur Volksnähe Stil und vor allem eine Persönlichkeit leistet.

Als Kronprinzessin leistete sie sich eine echte Liebesheirat

Margrethe ist eine Cousine dritten Grades von Queen Elizabeth II., die in London 70. Thronjubiläum feiert. Die beiden füllen die monarchische Idee auf sehr unterschiedliche Art und Weise aus. Das distanzierte, kühle Gebaren, das ehrfurchtsvollen Untertanen signalisieren soll: Ich weile in anderen Sphären, das ist Margrethes Sache nicht. Egal ob sie bei ihrer Neujahrsansprache vor laufender Kamera ein verkrumpeltes Taschentuch hervorzieht und kräftig hineinschnäuzt oder während des ersten Corona-Lockdowns mit selbstgebastelter Dackelmaske auf dem Kopf durch den Palast huscht, um sich die Langeweile zu vertreiben.

Eine Königin im Regenmantel, das gibt es auch nicht überall. (Foto: Palle Peter Skov/AFP)

Sie ist eine Königin voller Pflichtbewusstsein, nimmt dabei jedoch das Zeremonielle nicht allzu ernst. Als Kronprinzessin leistete sie sich eine echte Liebesheirat. In einer jüngst erschienen Biografie erzählt sie voller Zärtlichkeit, wie sie in einem Londoner Nachtclub die Liebe ereilte zu ihrem späteren und inzwischen verstorbenen Ehemann, dem französischen Diplomaten Graf Henri de Laborde de Monpezat ("Sie spielten Frank Sinatras 'Strangers in the night', da machte es BANG!") Die Hochzeitszeremonie selbst wurde auf ihr Drängen auf 20 Minuten zusammengekürzt.

Margrethe II. von Dänemark: Kettenraucherin, Künstlerin, Königin. 50 Jahre ist es her, dass sie ihrem Vater Frederik IX. nachfolgte, am 14. Januar 1972, die erste Frau auf dem Thron in 600 Jahren. Archäologin zu werden, das war ihr Herzenswunsch, nach der Thronbesteigung nahm sie sich die Stunden, die ihr blieben, für schriftstellerische und künstlerische Ausflüge. Sie illustrierte den "Herrn der Ringe", schneiderte Kostüme für Ballett und Theater, vervollkommnete ihre Decoupage-Techniken und übernahm im vergangenen Jahr erst das Set-Design für den neuen Film von Regisseur Bille August.

Margrethe II. probiert im kroatischen Koprivnica das extra für sie gebraute "King's Bear". (Foto: Stringer/AFP)

Eine politische Rolle steht der Königin nicht zu in der dänischen Demokratie, aber sie nützt ihre öffentlichen Auftritte immer wieder auch, um ihren Landsleuten ins Gewissen zu reden. Mal mahnt sie die Dänen zu mehr Weltoffenheit, mal warnt sie vor Antisemitismus. Zu Beginn der Pandemie forderte sie mehr Rücksicht auf Alte und Schwache, zuletzt geißelte sie den "sinnlosen Krieg" in der Ukraine.

"Natürlich brauchen wir keine königliche Familie, und gerade deshalb ist es großartig, dass wir eine haben."

Margrethe selbst war am 16. April 1940 in ein besetztes Land geboren worden: Als Dänemark dann von der Besetzung durch Nazi-Deutschland befreit wurde, hatte sie gerade ihren fünften Geburtstag gefeiert. Später sagte sie einmal, "dass alles, was mir und Dänemark seitdem passiert ist, im Licht dieser fünf Jahre gesehen werden muss."

Wer möchte, kann am Samstag mit Margrethe gemeinsam die 50 Jahre feiern, im Tivoli in Kopenhagen, man muss nicht einmal ein Ticket vorbestellen. Kinder führen Kostüme vor, die sie geschneidert hat, es gibt einen eigens für sie komponierten Marsch zu hören und eine Festtorte für 1000 Leute. Die Königin wird einen Jubiläumsbaum pflanzen und einen Galaabend besuchen, nur eines wird die 82-Jährige sicher nicht tun: ihre Abdankung aus Altersgründen erklären. Margrethe II hat einmal erklärt, Königin werde sie sein, bis sie "vom Stock" falle.

In der liberalen, monarchistischer Umtriebe ganz und gar unverdächtigen Zeitung Politiken veröffentlichte der Publizist Felix Thorsen Katzenelson eine Gegenrede zum antimonarchistischen Furor des Magazins Atlas . "Was mich fasziniert, ist die offensichtliche Fiktion", schrieb er. "Dass wir gebildete Demokraten herumlaufen und so tun, als sei die Königin nicht etwas, das wir doch selbst erfunden haben." Die Königin sei eine "gut bezahlte Metapher" und als solche eine spielerische Bereicherung des ansonsten nüchternen Lebens. "Natürlich brauchen wir keine königliche Familie, und gerade deshalb ist es großartig, dass wir eine haben."

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Von Kai Strittmatter

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