Bundesstaat Maryland:US-Priester missbrauchten Hunderte Kinder sexuell

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Anthony Brown, Generalstaatsanwalt von Maryland, kommentiert die Veröffentlichung des Berichts über sexuellen Kindesmissbrauch in der katholischen Erzdiözese Baltimore. (Foto: Kim Hairston/dpa)

Laut einer Auswertung der Staatsanwaltschaft gab es im Erzbistum Baltimore zwischen 1940 und 2002 mindestens 600 Opfer. Dutzende Beschuldigte sind trotz eindeutiger Faktenlage niemals belangt worden.

Ein neuer Untersuchungsbericht über das US-Erzbistum Baltimore hat ein "erschütterndes Ausmaß von Missbrauch" ans Licht gebracht. Laut der jetzt veröffentlichten Auswertung der Staatsanwaltschaft wurden in der Erzdiözese zwischen 1940 und 2002 mindestens 600 Personen sexuell missbraucht. Bei den Opfern handelt es sich den Angaben zufolge um Kinder und Jugendliche, die zum Tatzeitpunkt noch keine 18 Jahre alt waren. Mehr als 150 Priester, aber auch Lehrer und andere Kirchenmitarbeiter seien glaubhaft beschuldigt worden.

Auszüge des Berichts, der das Resultat einer jahrelangen Untersuchung ist, waren bereits im November an die Öffentlichkeit gelangt. Der Generalstaatsanwalt im Bundesstaat Maryland wirft der katholischen Kirche in dem fast 500 Seiten umfassenden Dokument vor, dass Dutzende Beschuldigte trotz eindeutiger Faktenlage niemals belangt worden seien. Etliche seien inzwischen gestorben.

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Aus Datenschutzgründen wurden die Namen Dutzender Betroffener geschwärzt. "Über Jahrzehnte haben Überlebende sexuellen Missbrauch durch katholische Priester gemeldet", heißt es in den Unterlagen. "Und statt die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, hat die Kirche die Taten über Jahrzehnte eher vertuscht." Das Erzbistum Baltimore, die älteste katholische Diözese in den Vereinigten Staaten, sei dabei keine Ausnahme: So hätten beispielsweise in einer einzigen Pfarrei elf Missbrauchstäter zur gleichen Zeit ihr Unwesen getrieben.

Opfervertreter reagierten schockiert auf den Bericht der Staatsanwaltschaft. Die Ergebnisse seien "verstörend", so ein Sprecher. Baltimores Erzbischof William Lori entschuldigte sich bei allen von Missbrauch Betroffenen. Er empfinde Scham, tiefe Reue und Mitgefühl für all jene, denen durch Kirchenvertreter geistlicher und körperlicher Schaden zugefügt worden sei.

Ein Sprecher des Erzbistums betonte, man habe mit der Staatsanwaltschaft vollumfänglich kooperiert und den Ermittlern seit 2019 mehr als 100 000 Dokumente zur Verfügung gestellt. Zudem habe man seit den 1980er Jahren an etwa 300 Personen mehr als 13,2 Millionen Dollar Entschädigungsleistungen gezahlt, einen erheblichen Teil davon außergerichtlich.

Unterdessen hat der Bundesstaat Maryland ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, das in Sachen Missbrauch eine Aufhebung der Verjährungsfrist für Zivilklagen vorsieht. Derzeit können Opfer von sexuellem Kindesmissbrauch in Maryland nach Erreichen der Altersgrenze von 38 Jahren nicht mehr klagen. Der aktuelle Entwurf würde diese Grenze aufheben und rückwirkende Klagen ermöglichen.

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