Große Familienfeiern werden in Frankreich gerne so begangen, dass auch Erwachsene Spaß haben. Die deutschen Rituale, mit denen man sich den Dezember über zum Jahresende hinarbeitet, funktionieren im Vergleich besonders gut für Zwei- bis Zehnjährige. Adventskalender, Kekse backen, Kartoffelsalat mit Würstchen. Selbst die Tradition, mit Böllern Briefkästen zu sprengen, klingt zwar ungeeignet für Minderjährige, wird aber vor allem von Kindern gepflegt.
Franzosen hingegen müssen nicht bis in den Januar hinein den Plätzchenvorrat aufessen. Weihnachten und Neujahr ist Austernzeit. Es braucht ein, besser zwei Jahrzehnte Lebenserfahrung, um sich darauf zu freuen.
Molekularbiologie:Geister, die wir riechen
Es klingt wie ein Wunder: mit moderner Gentechnologie wird der Duft ausgestorbener Blumen zurück auf die Welt gebracht.
Der Unterschied zwischen Auster und Stollen liegt nicht nur darin, dass es sich bei letzterem um ein Einsteiger-Lebensmittel handelt und bei ersterem um einen klassischen "acquired taste", einen Genuss, den man erst lernen muss. Sondern auch darin, dass die Auster deutlich teurer ist als der Stollen. Als Diebe im November Dresden ins Visier nahmen, versprachen sie sich größeren Profit von Juwelenhehlerei als von Stollenklau. Sie raubten folglich das Grüne Gewölbe aus, nicht den Weihnachtsmarkt. Ganz anders in Frankreich. 24,7 Tonnen Austern wurden 2019 bislang allein in der Region Charente-Maritime gestohlen.
"Es ist eine Katastrophe, ein schwarzes Jahr, man versteht nicht, was los ist", sagt Christophe Laferrière von der nautischen Brigade der Gendarmerie im Département Charente-Maritime der Nachrichtenagentur AFP. Laferrière hat den Auftrag, die Küste zu überwachen. Die Gendarmerie patrouilliert an den Austernbänken im Kajak und per Drohne. In der Normandie wird eine berittene Austernpolizei eingesetzt.
Eine Auster kostet im Bistro zwei bis drei Euro
Doch vergebens. Allein in Charente-Maritime hat sich die Zahl der gestohlenen Austern 2019 vervierfacht. Dort, an der Atlantikküste zwischen La Rochelle und Bordeaux, werden ein Drittel der Austern gezüchtet, die in Frankreich auf den Markt kommen. Der letzte große Austernklau erschütterte das Land 2011, damals waren viele der Meerestiere krank, und Züchter wilderten bei Züchtern. Dieses Jahr geht es den Austern gut, und die Ermittler stehen vor einem Rätsel.
120 000 Tonnen Austern werden jährlich in Frankreich produziert und nach ganz Europa verkauft. Der Weihnachtsumsatz macht dabei für die Züchter die Hälfte der Jahreseinnahmen aus. Vor den Feiertagen werden auch die Diebe aktiv. An Nikolaus wurden in der Bretagne 4,5 Tonnen Austern und 200 Kilo Venusmuscheln gestohlen. Um diesen Schaden in Euro zu übersetzen: Eine einzelne Auster im Verzehralter wiegt zwischen 60 und 150 Gramm und kostet in Pariser Bistros zwei bis drei Euro.
Die einzig hoffnungsfrohe Nachricht zur Auster kommt vom Golf von Morbihan. Dort, an der bretonischen Südküste, wurde ein Austernautomat aufgestellt. Rund um die Uhr, sieben Tage die Woche Glibber auf Knopfdruck. Was für ein angenehm unsnobistischer Umgang mit Meerestieren. Den Champagner dazu kann man dann ja in einer Pfütze kaltstellen.