Emily Munguia dachte, sie würde sterben. "Der Druck war so stark, dass ich nicht mehr atmen konnte", sagte sie dem Sender CNN. Die 22 Jahre alte US-Amerikanerin ist eine von etwa 50 000 Besucherinnen und Besuchern des Astroworld-Festivals in Houston, Texas, eines zweitägigen Open-Air-Events mit prominenter Besetzung. In der Nacht zu Samstag, beim Auftritt des schillernden Rappers und Organisators des Festivals, Travis Scott, brach in der dicht gedrängten Menge eine Massenpanik aus, acht Menschen verloren ihr Leben, unter ihnen zwei Teenager, 14 und 16 Jahre alt. Mindestens 25 Verletzte mussten stationär im Krankenhaus behandelt werden, Hunderte weitere suchten ein Feldhospital am Festivalgelände auf.
"Es war die Hölle", sagte der 17-jährige Nick Johnson der New York Times. Alle hätten sich plötzlich von hinten zur Bühne gedrängt. Seanna Faith, eine weitere Konzertbesucherin, schrieb auf Instagram, die Situation habe sie an das Einstürzten eines Jenga-Turms erinnert: "Mensch um Mensch geriet in den Abwärtssog." Billy Nasser, auch er ein Augenzeuge, sprach im CNN-Interview von einer "Todesfalle", Menschen seien zu Boden getrampelt worden. Um ihn herum seien Leute zusammengebrochen, doch das Konzert sei weitergegangen.
Das Konzert endete erst 37 Minuten später
Auf einem Video, das in den sozialen Medien geteilt wurde, ist ein Mädchen zu sehen, das hilfesuchend auf eine Plattform für Kameraleute klettert und verzweifelt schreit, dass vor der Bühne Menschen sterben würden. Auf weiteren Videomitschnitten ist zu sehen, dass Travis Scott mehrmals seinen Auftritt unterbricht, unter anderem, als ein Krankenwagen auf dem Gelände eintrifft. Doch erst um 22.15 Uhr, 37 Minuten nach den ersten Meldungen von kollabierenden Zuschauern, beendete er die Show.
Scott äußerte sich tags darauf auf Twitter zu dem Unglück: "Ich bin völlig am Boden zerstört von dem, was letzte Nacht passiert ist." Die Polizei in Houston habe seine volle Unterstützung, den "tragischen Verlust von Leben" aufzuklären.
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In einem Instagram-Video sagte er außerdem, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, wie schlimm die Lage war. "Jedes Mal, wenn ich etwas erkennen konnte, habe ich die Show unterbrochen und ihnen geholfen, die Hilfe zu bekommen, die sie brauchen", sagte er. "Ich konnte mir den Ernst der Lage einfach nicht vorstellen."
Es gebe viele offene Fragen, wie es zu dem Unglück kommen konnte, sagte der Bürgermeister von Houston, Sylvester Turner. Die Polizei kündigte eine gründliche Untersuchung an. Man werde Videoaufnahmen auswerten, um der Ursache der Massenpanik auf den Grund zu gehen. "Innerhalb weniger Minuten gingen mehrere Menschen zu Boden und erlitten eine Art Herzstillstand", hieß es auf einer Pressekonferenz am Samstag. An den Ermittlungen seien auch Beamte aus dem Mord- und dem Drogendezernat beteiligt. Die Polizei warnte vor Spekulationen.
In den sozialen Medien kursierten Gerüchte, jemand habe Menschen in der Menge ein Mittel gespritzt. Polizeichef Troy Finner bestätigte, dass einer der Sicherheitskräfte einen Stich im Nacken gefühlt habe und ohnmächtig geworden sei. Sanitäter hätten ihn mit einem Notfallmedikament für eine Opiatüberdosierung wiederbeleben können. Zudem verbreiteten sich Berichte über angeblich unzulängliche Sicherheitsvorkehrungen und Rettungskräfte, die der Lage nicht gewachsen waren. Der Polizeichef erklärte laut einem Bericht des Houston Chronicle, es seien genug Beamte im Einsatz gewesen, um die Menge der 50 000 Menschen unter Kontrolle zu halten. Er sagte aber auch, dass er das Konzert nicht abrupt habe beenden können, aus Angst, einen unkontrollierbaren Aufruhr auszulösen.
Kylie Jenner unter den Zuschauern
Das Festival wurde am Samstag für beendet erklärt, weitere geplante Konzerte wurden abgesagt. Rapper Scott hatte das Astroworld-Festival 2018 in seiner Heimatstadt Houston ins Leben gerufen. Nach einer pandemiebedingten Absage 2020 fand dieses Jahr die dritte Auflage statt. Scott ist mit der Reality-TV-Darstellerin und Unternehmerin Kylie Jenner liiert, die derzeit ihr zweites Kind erwartet. Sie war sie mit ihrer Schwester Kendall Jenner und ihrer drei Jahre alten Tochter unter den Zuschauern in Houston, laut Medienberichten waren sie nicht von der Panik betroffen. Auch sie postete auf Instagram eine Story zu dem Vorfall: "Travis und ich sind erschüttert." Sie wolle klarstellen, dass weder ihr noch ihrem Freund bewusst gewesen sei, dass es Todesfälle gegeben habe. Die Nachricht habe sie beide erst nach der Show erreicht.