Anschläge in Paris:Was von der Facebook-Tricolore zu halten ist

Das Brandenburger Tor leuchtet in den Farben der französischen Nationalflagge. Viele kritisieren solche Arten der Solidaritätsbekundung. (Foto: dpa)

Blau-Weiß-Rot: Die französischen Nationalfarben sind überall, auch bei Facebook. Viele kritisieren diese Solidarität per Mausklick. Haben sie recht - oder ist die Besserwisserei unpassend?

Kommentar von Marc Felix Serrao

Blau-Weiß-Rot. Seit dem Wochenende sind Frankreichs Nationalfarben überall, auch bei Facebook. Millionen Nutzer haben ihre Profilbilder in kleine Solidaritätsadressen verwandelt. Eine ähnliche Welle gab es bereits im Sommer, als der Supreme Court der USA die Homo-Ehe für rechtens erklärte und Profile weltweit in Regenbogenfarben erstrahlten. Manch einer fand diese Form des Klick-Engagements schon damals überflüssig, aber niemand regte sich ernsthaft auf. Das ist nun anders. Nationalismus! Europäische Arroganz! Wenn, dann brauche es bitte ein Symbol, das aller Terroropfer gedenke, von Libanon bis Irak. Oder sind die etwa weniger wert?

Die Kritik ist nachvollziehbar und lässt einen zum jetzigen Zeitpunkt doch frösteln. Frankreichs Opfer sind noch nicht beerdigt, und schon tippen Leute Trauerregeln ab. Das erinnert an die Online-Aufpasser, die direkt nach dem Massaker nichts Besseres zu tun hatten, als Facebook und Twitter nach unpassenden Kommentaren zu durchforsten. Beide haben in der Sache irgendwie recht und sind mit ihrem Zeigefingergewedel doch unsympathisch.

Wofür steht Frankreichs Tricolore? Da ist zuerst die Freiheit - auch die, im Affekt etwas Dummes zu schreiben. Dann die Gleichheit, die auch alle Nicht-Franzosen meint. Und schließlich die Idee der weltumspannenden Bruderliebe. Letztere ist das wohl schönste Geschenk der großen, alten Republik an die Welt. Denn wer seine Mitmenschen als Brüder oder Schwestern sieht, wird nachsichtig. Selbst dann, wenn sie vorm Rechner sitzen und meinen, das ein vom Internetriesen bereitgestellter farbiger Bildhintergrund ("Probiere es aus") ein politisches Zeichen sei. Es gibt gute Anlässe für Besserwisserei. Dieser Anlass gehört nicht dazu

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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