Papst Benedikt XVI. war der erste deutsche Papst seit 500 Jahren. Die Skandale um sexuellen Missbrauch in katholischen Einrichtungen prägten seine Amtszeit genauso wie seine historische Begegnungen mit Fidel Castro oder dem Internet. Sein Wirken Nach dem Tod von Johannes Paul II. wird Joseph Ratzinger am 19. April 2005 zum Papst gewählt - als erster Deutscher seit 500 Jahren. "Wir sind Papst", titelt daraufhin die Bild-Zeitung.
Joseph Ratzinger war bereits in seiner Position als Erzbischof und später als Kardinal für seine konservative Einstellung bekannt. Als Präfekt der Glaubenskongregation, der höchsten und zentralen Instanz für die Interpretation und Verteidigung der katholischen Lehre geißelt er die Abtreibungsgesetze in entwickelten Staaten als "Kultur des Todes", sowie den Feminismus, der Frauen nicht befreie, sondern knechte. Die Themen Familie und Lebensschutz stellt er in den ersten Monaten seiner Amtszeit als Papst mit scharfen Formulierungen in den Mittelpunkt. Ehe und Familie seien keine "soziologische Konstruktion", sondern ein Abbild der Liebe Gottes: Sexualität sei nur in einer Ehe mit Kinderwunsch möglich.
Während seiner Amtszeit geht Papst Benedikt XVI. viel auf Reisen: Sein erster Auslandsbesuch führt ihn im August 2005 nach Deutschland. Beim Weltjugendtag wird er begeistert von einer Million Pilger empfangen. Sein Auftritt führt in der Öffentlichkeit zu einem Imagewechsel: Der neue Papst, der eigentlich ein Problem mit Auftritten bei Massenevents hat, gilt nun als glaubwürdig und erhält große Anerkennung.
Während seiner Amtszeit bemüht sich der Papst immer wieder um eine Annäherung an die orthodoxe Kirche. Davon zeugen zum Beispiel Briefwechsel mit den Patriarchen von Moskau und Konstantinopel, die Eröffnung der ersten russisch-orthodoxen Kirche in Rom am 18. Mai 2006 und nicht zuletzt die Entscheidung des Papstes, den seit dem fünften Jahrhundert geführten Ehrentitel "Patriarch des Abendlandes" abzulegen. Die Wahl des neuen Patriarchen Kyrill I. sorgt für eine weitere Entspannung zwischen römisch-katholischer und russisch-orthodoxer Kirche.
Im Mai 2006 reist Papst Benedikt XVI. in die polnische Heimat seines Amtsvorgängers. Der Besuch des ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz wird in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen. Doch bei seiner Ansprache äußert er sich nur ausweichend zur Verantwortung der Deutschen für den Holocaust und stellt das deutsche Volk als "Opfer" des Nazi-Regimes dar.
Umstritten ist auch die Rede, die er am 12. September 2006 an der Universität Regensburg hält. In seiner Vorlesung zum Verhältnis von Glaube und Vernunft erteilt er zwar jeglicher religiös motivierten Gewalt eine Absage. Dabei zitiert er jedoch eine Aussage des spätmittelalterlichen byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos, wonach der Prophet Mohammed nur "Schlechtes und Inhumanes" gebracht habe, weil er den Glauben mit dem Schwert verbreiten lassen wollte. In der islamischen Welt rufen die Äußerungen heftige Kritik hervor. Papst Benedikt XVI. aber auch Vertreter des Vatikan müssen wiederholt klarstellen, dass sie die Werte des Islam keineswegs infrage stelle.
Im Januar 2009 hebt Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation von vier Bischöfen der Piusbrüderschaft auf, die 20 Jahre zuvor ohne päpstliche Zustimmung geweiht wurden. Damit sorgt er weltweit für Schlagzeilen und Kritik. Besonders brisant: Kurz vor seiner Rehabilitation relativierte der Piusbruder Richard Williamson in einem Fernsehinterview mit einem schwedischen Sender den Holocaust. Der Bischof behauptete in dem Gespräch, dass die historische Evidenz gegen die Existenz von Gaskammern zur NS-Zeit spreche. Nicht sechs Millionen Juden, sondern 200.000 bis 300.000 Juden sollen Williamson zufolge von den Nazis ermordet worden sein - und niemand davon in Gaskammern. Sogar Bundeskanzlerin Merkel fordert den Papst daraufhin auf, in der "Affäre Williamson" Stellung zu beziehen. Später ist im Vatikan von Kommunikations- und Managementfehlern die Rede. Williamson hat sich mittlerweile zwar entschuldigt, widerrufen hat er seine Äußerungen allerdings nie.
Im Mai 2009 bricht Papst Benedikt XVI. zu einer "Pilgerfahrt ins heilige Land" auf. Er führt Gespräche mit dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu, sowie Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und ruft zu einem Dialog der Religionen auf. Außerdem besucht er den Felsendom auf dem Tempelberg, die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und die Klagemauer in Jerusalem.
Als erstes Oberhaupt der katholischen Kirche besucht Papst Benedikt XVI. im selben Jahr die Tschechische Republik.
Papst Benedikt XVI. sorgt auch mit seinem Schuhwerk für Aufsehen: 2009 blitzen unter einem goldenen Liturgiegewand knallrote Schuhe hervor, die, so wird bald kolportiert, aus dem Hause Prada stammten. Vielleicht auch, weil die entsprechende Überschrift so perfekt funktioniert, tritt der Papst damit eine kleine Debatte los - über angemessenen Pomp und PR-Effekte. Ob von dem Edeldesigner oder dem Schuhmacher seines Vertrauens: Benedikt hält unbeirrt an den roten Schuhen fest.
Anfang 2010 werden in Deutschland Fälle sexuellen Missbrauchs öffentlich: Besonders in katholischen Einrichtungen wie Internaten soll es zu Übergriffen gekommen sein. Bis Ende März 2010 gibt es mehr als 250 registrierte Verdachtsfälle bei den Bistümern. Bei einem Großteil der Fälle handelt es sich um strafrechtlich bereits verjährte Taten aus den fünfziger bis achtziger Jahren. Der Papst schweigt. Im März entschuldigt er sich in einem Hirtenbrief lediglich bei Opfern von sexueller Gewalt in Irland. Er empfinde Scham und Reue, schreibt Benedikt. In Deutschland trifft er sich erst 2011 am Rande eines Deutschlandbesuchs mit Opfern sexuellen Missbrauchs durch Priester und Kirchenmitarbeiter.
Im Juni 2010 lässt Papst Benedikt XVI. den "Päpstlichen Rat zur Förderung der Neuevangelisierung" einrichten. Damit will er gegen die schwindende Bedeutung des Christentums in vielen Ländern kämpfen.
Im November 2010 nimmt Papst Benedikt plötzlich eine völlig neue Position zur Verwendung von Kondomen ein: Lehnte er während seiner Afrikareise knapp ein Jahr zuvor deren Gebrauch noch strikt ab, räumt er nun ein: In "begründeten Einzelfällen" sei der Gebrauch erlaubt. Wenn es darum gehe, die Ansteckungsgefahr zu verringern, könne der Einsatz von Kondomen "ein erster Schritt sein auf dem Weg hin zu einer anders gelebten, menschlicheren Sexualität." Damit vollzieht er eine Wende in der Sexuallehre der katholischen Kirche.
Bei einer weiteren Deutschlandreise im September 2011 trifft Papst Benedikt XVI. Vertreter der evangelischen Kirche an einer der Wirkungsstätten des Reformators Martin Luther in Erfurt - ein historischer Akt. Hoffnungen auf schnelle Fortschritte bei der Annäherung beider Kirchen enttäuscht er jedoch. Diese Erwartung stelle ein "politisches Missverständnis des Glaubens und der Ökumene" dar, sagt er bei einem ökumenischen Gottesdienst im evangelischen Augustinerkloster. Der Glaube sei nicht etwas, was man sich ausdenken oder aushandeln könne.
Als geistiges Oberhaupt der katholischen Kirche veröffentlicht Papst Benedikt XVI. mehrere Schriften, sogenannte Enzykliken. In "Deus caritas est" (Gott ist die Liebe) hebt er die zentrale Bedeutung von Liebe und Barmherzigkeit hervor, während er sich 2009 in "Caritas in veritate" (Die Liebe in der Wahrheit) mit der Globalisierung und den Folgen der Wirtschafts-und Finanzkrise befasst. 2007 erscheint das Buch "Jesus von Nazareth" in dem Papst Benedikt XVI. Anstöße zur Diskussion um den "historischen Jesus" gibt. Für seine schriftstellerische Tätigkeit erhält er in Italien drei Literaturpreise.
Ein weiterer Skandal erschüttert im Februar 2012 den Vatikan - interne Papiere sind an italienische Medien gelangt. In den veröffentlichten Dokumenten ist unter anderem von einem Mordkomplott gegen den Papst die Rede und von umstrittenen Geschäften der Vatikan-Bank IOR. In der "Vatileaks-Affäre" wird später der Kammerdiener von Papst Benedikt XVI., Paolo Gabriele, als Maulwurf entlarvt und zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt. Über 1.000 vertrauliche Dokumente, einen Scheck über 100.000 Euro und ein Goldstück aus dem päpstlichen Geschenk-Fundus sind bei ihm gefunden worden. Kurz vor Weihnachten 2012 begnadigt der Papst Gabriele.
Es ist eine der am meisten beachteten Begegnungen seiner Amtszeit: Im März 2012 triff Benedikt den kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro. 14 Jahre waren sind dem Besuch von Benedikts Vorgänger, Johannes Paul II. auf Kuba vergangen, das Land hat sich verändert. Die marxistische Ideologie entspreche "nicht mehr der Realität", sagt Papst Benedikt XVI. Eine zwar eher leise, aber doch deutliche Kritik.
Papst Benedikt XVI. gehört nicht gerade zur digitalen Avantgarde, aber als er sich entscheidet, künftig auch in 140 Zeichen zu predigen, legt er sich nicht nur einen Twitter-Kanal zu, sondern gleich mehrere, in verschiedenen Sprachen. Getwittert wird aus dem Vatikan seit 12. Dezember unter anderem auf Arabisch, Englisch und Lateinisch. Der erste deutsche Tweet Benedikts lautet: "Liebe Freunde! Gerne verbinde ich mich mit euch über Twitter. Danke für die netten Antworten. Von Herzen segne ich euch."
Am 24. November 2012 ernennt Papst Benedikt XVI. sechs neue Kardinäle.
"Ich habe nicht mehr genug Kraft für mein Amt": Am 11. Februar 2013 erklärt Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt zum 28. Februar.