SZ-Kolumne "Bester Dinge":Äpfel für alle!

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Chieming am Chiemsee laden Schilder dazu ein, sich an gemeindeeigenen Obstbäumen zu bedienen - und nicht nur dort.

Von Oliver Das Gupta

Im Leben gibt es nichts geschenkt, heißt eine Redensart, die einem immer wieder in mannigfachen Abwandlungen begegnet. "Alles hat seinen Preis" ist auch so ein Spruch, und: "Nichts ist umsonst." Kontaktlinsen und Kotelett, Physiotherapie und Pomade, Zimt und Zahnreinigung - alles kostet irgendwie irgendetwas. Nur: Stimmt das überhaupt?

Verallgemeinern lässt sich die These glücklicherweise nicht. Die Gegenbeweise flattern derzeit an Bäumen und Sträuchern überall in Deutschland im Wind, in Gestalt von gelben Bändern. Die markierten Gewächse bedeuten: Freiobst für alle! Jeder Mensch, der des Weges kommt, darf sich bedienen, darf Äpfel, Birnen und Zwetschgen pflücken und die abgefallenen Früchte aus dem Gras klauben. Freilich nur zum Eigengebrauch.

Im schwäbischen Esslingen wurde die Aktion 2019 erfunden, damit Obst nicht länger ungenutzt am Baum verdirbt. Inzwischen machen bundesweit Tausende Obstbaumbesitzer und Kommunen mit. Das oberbayerische Chieming animiert neuerdings sogar mit Schildern zum Zugreifen, dort prangt - man beachte das Sternchen - der Satz: "Hier darf jede*r Obst ernten." Man wolle damit sichergehen, dass "niemand gehemmt" sei, heißt es dazu aus dem Rathaus der Gemeinde, "es soll sich keiner als Verbrecher fühlen".

Einladung zur Ernte in Chieming am Chiemsee. (Foto: Dominik Ehrich)

Schon vor der Idee mit den gelben Bändern konnte man in dem Dorf am Chiemsee Essbares selber pflücken. Auf dem Gelände des Obst- und Bienenlehrpfades gedeihen Tomaten, Rhabarber und allerlei Kräuter, auch dort reifen an Bäumen Äpfel für alle. Nur beim Hochbeet schränkt noch ein Schild die Empfängergruppe ein: Dort ist "Mundraub" nur für Rollstuhlfahrer erlaubt.

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