Vernissage:"Kinder, das ist eure Baumfrau!"

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Jedes Kind sein eigenes Blatt: In der Degerndorfer Kunstschmiede haben Kinder der Grundschule Waldram und ihre Lehrerin Gabi Reumuth an der "Baumfrau" gearbeitet. (Foto: Justine Bittner/oh)

Die Waldramer Grundschullehrerin Gabi Reumuth hat mit einer Klasse an dem Geschichts- und Kunstprojekt "Weibsbilder" mitgewirkt. Wäre es nicht wichtiger gewesen, Deutsch und Mathe zu üben?

Interview von Stephanie Schwaderer, Wolfratshausen

Drei "Weibsbilder" stehen schon im Garten des Wirtshauses "Flößerei", nun bekommen sie Verstärkung. Am Samstag, 13. April, lädt der Historische Verein Wolfratshausen zur Vernissage der "Baumfrau" ein. Gestaltet haben sie Kinder der Grundschule Waldram unter Anleitung eines P-Seminars des Geretsrieder Gymnasiums. Die Aktion ist Teil eines preisgekrönten Geschichts- und Kunstprojekts, das die Gymnasiasten mit ihrem Lehrer Matthias Wohlgenannt, dem Historischen Verein und der Degerndorfer Kunstschmiede von Tom und Franziska Carstens vorangetrieben haben. Die verantwortliche Grundschullehrerin ist Gabi Reumuth.

SZ: Frau Reumuth, Sie haben sich mit Dritt- und Viertklässlern auf ein großes Kunstprojekt eingelassen. Hätten Sie mit den Kindern nicht besser Mathe und Deutsch gepaukt?

Gabi Reumuth: Bildung besteht nicht nur aus Mathe und Deutsch. Gerade im Übertrittsverfahren des vierten Schuljahres braucht es für das Selbstbewusstsein der Kinder wichtige Erfolgserlebnisse auch außerhalb dieser Fächer. Hinzu kommt die Auseinandersetzung mit Werten und der Rolle der Frau in der Gesellschaft. Auch unser Ministerpräsident hält ja die Werteerziehung sehr hoch, weshalb er bei der neuen Stundentafel den Religionsunterricht nicht kürzen möchte. Aber Werteerziehung findet in allen Fächern statt.

"Schule muss Spaß machen": Gabi Reumuth. (Foto: Privat/oh)

Was genau haben die Kinder bei diesem Projekt gelernt?

Ganz unterschiedliche Dinge. Es ging damit los, dass die Jugendlichen des P-Seminars einen Vormittag zu uns kamen und den Kindern das Thema Wolfratshauser Weibsbilder nahegebracht haben. Danach gab es drei Workshops, die alle durchlaufen haben: Einmal ging es darum, auf großen Plakaten zu skizzieren, wie eine Baumfrau aussehen könnte. Dann durfte jedes Kind ein Blatt für die Krone der Baumfrau entwerfen und anschließend aus Holz aussägen. Und an der dritten Station hat die Fotografin Justine Bittner lustige Fotosessions gemacht: Die Kinder durften in eine Klamottenkiste greifen und alte Aufnahmen aus dem Weibsbilder-Kalender nachstellen, den der Historische Verein herausgegeben hat. Das hat allen wahnsinnig Spaß gemacht.

Auch den Buben?

Denen besonders. Sie haben sich unter anderem als Madonnenfigur auf der Isarbrücke verkleidet, mit Haarspangen und Krönchen. Das fanden sie wunderbar!

Ein Lehrstück zum Thema Gleichberechtigung?

Unbedingt! Schon im Vorfeld habe ich Lesetexte für Grundschüler zu herausragenden Frauen ausgesucht, einfach um einmal zu zeigen, was Frauen alles leisten können. Für die Jungs war die Geschichte der amerikanischen Fußballspielerin Megan Rapinoe besonders interessant, die unter schwierigsten Verhältnissen berühmt wurde. Noch mehr hat ihnen dann allerdings das Handwerkliche gefallen, das Sägen und der Besuch beim Schmied.

Was konnten die Kinder in Degerndorf machen?

Tom Carstens hat vorab jede Blatt-Vorlage eins zu eins in Metall umgesetzt. Jedes Kind durfte dann in sein Blatt den eigenen Namen stanzen und zudem eine Wurzel schmieden. Das war schon ein besonderes Erlebnis: dass sie dort selbst ihr Eisen ins Feuer halten und mit dem Hammer bearbeiten durften. Ich habe ihnen gesagt: Kinder, wenn ihr in zehn, 20 Jahren an der Baumfrau vorbeigeht, dann hängt da noch immer euer Blatt mit eurem Namen dran, das ist eure Baumfrau!

Warum muten Sie sich als Lehrerin solche außerplanmäßigen Projekte zu?

Weil es Freude macht - den Kindern und mir. Nur wenn Lernen Spaß macht, wenn Kinder gerne zur Schule gehen, sind sie bereit, Leistung zu bringen. Und, ganz ehrlich, bei diesem Projekt hatten die Jugendlichen des P-Seminars, ihr Lehrer Matthias Wohlgenannt und der Schmied die meiste Arbeit.

Was werden Sie am Samstag zur Vernissage beisteuern?

Wir singen ein Lied, das thematisch passt. Ich habe vier Strophen auf die Melodie eines irischen Volkslieds gedichtet, die von vier Wolfratshauser Weibsbildern handeln. Natürlich muss die kleine Berta Bauer dabei sein. Sie war nur 1,20 Meter groß, hatte aber einen großen Hund, den sie regelmäßig vor einen Wagen gespannt hat. Und dann ist sie mit ihm zu Fuß den weiten Weg nach Ambach gegangen, um dort ihre Waren zu verkaufen. Ein Foto von ihr und ihrem Hund hängt im Wolfratshauser Stadtmuseum. Sie hat meinen Kindern besonders imponiert.

Samstag, 13. April, 17 Uhr, Biergarten des Gasthauses "Flößerei", Wolfratshausen, Eintritt frei, Informationen unter histvereinwor.de

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