Vernissage im Kunstturm:Artifizielle Verbindungen

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Man muss genau hinschauen, um zwischen Treppengeländer, Böden und Decken das schmale Kunstwerk auszumachen, das sich von unten bis oben fortzusetzen scheint. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die neue Ausstellung am Schwankl-Eck in Wolfratshausen soll den Auftakt zu einem Projekt der künstlerischen Vernetzung bilden.

Von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Die neue Ausstellung im Kunstturm am Schwankl-Eck scheint durch die Decke zu gehen. Eines der Exponate, ein Werk des Künstler-Duos Rojo & Kreß, ist eine Art Trompe-l'œil: eine schmale bemalte Leiste, die vermeintlich durch alle Etagen der Split-Level-Galerie geht. Tatsächlich aber wurden die Decken nicht durchbohrt, sondern in jedem der offenen Stockwerke eine neue Leiste angebracht, so dass nur der Eindruck einer durchgehenden Linie entsteht.

Esperanza Rojo und Lennart Kreß wirken damit an dem Work in Progress mit, das die Ausstellung "New Shores" darstellt. Sie ist, wie die Initiatorin Patricija Gilyte betont, keine Schau im eigentlichen Sinn, sondern Teil eines "fortlaufenden Projekts". Dieses trägt den Titel "Festland" und hat in einem Programm "Verbindungslinien" des Berufsverbands der Bildenden Künstler (BBK) München eine Förderung gewonnen.

Damit sollen, so Gilyte, "Verbindungen generiert werden, die während der Pandemie verloren gegangen sind". Konkret sind es bei "Festland" Verbindungen zwischen der Initiatorin, dem künstlerischen Leiter des Kunstturms, Hamit Cordan (beide in Wolfratshausen lebend und arbeitend), dem chilenisch-deutschen Künstler-Duo Rojo & Kreß aus Dresden und dem in München lebenden Künstler Jaemin Lee.

Patricija Gilyte und Hamit Cordan erklären dessen "Tast-Fühl-Objekt" - einen Tisch, in dessen Fächern Reliefs zu ertasten sind. Was man erfühlt, soll man dann zeichnen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Cordan trägt zur Ausstellung ein "Tast-Fühl-Objekt" bei. Er hat dazu eigens einen Tisch anfertigen lassen, in dessen mit Stoff verhängten Fächern das Publikum verschiedene von ihm gefertigte Reliefs ertasten kann. Was sie spüren, sollen die Leute gleichzeitig zeichnen. Dabei können überraschende Ergebnisse zustande kommen. Cordan hat dieses Objekt zusammen mit dem Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund erarbeitet. Er erklärt: "Die Objekte sollen eine Verbindung zwischen Menschen mit und ohne Seheinschränkung herstellen, indem das Erlebnis des Kunstwerks auf den Tastsinn und das Erfühlen der Form beschränkt wird."

Auch Patricija Gilyte hat einen Kooperationspartner: den Wolfratshauser Verein Flößerstraße. Sie hat sich, wie sie sagt, seit sie in Wolfratshausen lebt, mit der Flößerei auseinandergesetzt. Sie plane eine Floßskulptur für eine "Kunstfahrt" im kommenden Jahr. Zudem habe sie, so heißt es im Flyer, "ein Drehbuch für ein immersives Filmprojekt" zu dieser Floßfahrt entwickelt. Es gehe um eine "VR-Erfahrung" - VR ist die Abkürzung für Virtuelle Realität. Und Immersion bezeichnet das Eintauchen in eine virtuelle Welt.

Von dem vierten Künstler der Ausstellung sind wiederum Exponate zu sehen. Jaemin Lee habe sich, so die Ankündigung, entschieden, "den bunten und dreidimensionalen Objekten von Rojo & Kreß einige Öl-Malereien und eine schwarz-weiße Rauminstallation kontrastierend entgegenzusetzen, die sich aus Barcodes ableitet".

Kunstturm am Schwankl-Eck: "New Shores", Vernissage am Freitag, 3. November, 19 Uhr, Obermarkt 33, Wolfratshausen, Infos zum Begleitprogramm mit Führungen und Vorträgen unter www://kunstturmwolfratshausen.de/

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