Tölzer Prügel:Die Verhunzt-Meile von Wolfratshausen

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Im Schatten: die neunte Kunstmeile in Wolfratshausen. (Foto: Claudia Koestler/oh)

Wer Veranstaltungen erst kurz vor knapp meldet, schießt sich ins Knie - und in die Knie der Künstler gleich mit.

Kommentar von Claudia Koestler, Wolfratshausen

"Tu Gutes und rede darüber", dieses inzwischen geflügelte Wort im Zusammenhang mit PR war ursprünglich einmal der Titel eines Buches von Georg-Volkmar Graf Zedtwitz-Arnim aus dem Jahre 1961. Mehr als 60 Jahre später ist es in Wolfratshausen zu einem nahezu historischen Umkehrschluss gekommen: Tue Schlechtes und kehre es unter den Teppich. Aber da die Presse nicht nur mehr Buchstaben hat als PR, sondern vor allem den Auftrag hat, Vorgänge kritisch zu beleuchten, muss der Teppich gelüftet werden, bevor sich was festtritt: Die diesjährige Kunstmeile von Wolfratshausen wird in die Geschichte eingehen. Als PR-Desaster des Jahres.

Denn die Veranstalter haben tatsächlich geschafft, was kaum vorstellbar ist: Ein Event, das über viele Jahre etabliert ist, auf das die Menschen überregional gewartet haben - ein Showcase für Künstler und Gewerbetreibende - ist weitgehend an der Öffentlichkeit vorbei geplant worden. Trotz Nachfragen der Presse blieb bis zuletzt offen, wann und wo eröffnet wird. Trotz anderslautender Versprechen kam die Mitteilung darüber erst am selben Tag - und fünf Stunden vor Start.

Die Ausstellenden haben lange genug gelitten

Dass hierzulande mehrere Medien existieren, ist ein Privileg, das andere Regionen nicht oder nicht mehr haben. Das als Veranstalter nicht wertzuschätzen und zu nutzen, ist wie sich ins eigene Knie zu schießen. Und in die Knie der eigentlich Betroffenen, der ausstellenden Künstler, gleich mit. Durchaus eine Leistung, nur keine, auf die irgendjemand stolz sein sollte.

Anderes mag darauf angelegt sein, unter dem Radar durchzusegeln, die Kunstmeile sollte nicht dazu gehören. Die Ausstellenden sind jetzt die Leidtragenden. Sie haben lange genug gelitten unter Pandemie und Lockdown, mussten ihre Werke im stillen Kämmerlein fertigen und dort belassen. Nun, da endlich das Licht der Öffentlichkeit auf sie fallen kann, werden sie so torpediert.

Was also tun? Es bleibt zu hoffen, dass die Öffentlichkeit die neunte Kunstmeile bis zum 8. Oktober noch für sich entdeckt. Für die Zukunft müssen sich die Veranstalter jedoch klar werden: die im Dunkeln sieht man nicht. Die Dinge passieren nicht von alleine. Hinter jedem Erfolg steckt harte Arbeit. Ohne das wird aus einer etablierten Kunstmeile eine Verhunzt-Meile.

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