Facelift für die Innenstadt:In Wolfratshausen bewegt sich was

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Gleich vier große und eine kleine Baustelle ballen sich im Zentrum, wenige Meter voneinander entfernt. Sie werden das Stadtbild schon bald nachhaltig verändern. Ein Überblick.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Die Wolfratshauser Innenstadt ist eine Baustelle. Immerhin bestimmen seit geraumer Zeit gleich vier davon, fußläufig nicht weit voneinander entfernt, das Bild der Stadt. Doch die Zeiten, als der städtische Slogan "Hier bewegt sich was" am einstigen Isar-Kaufhaus ob des Stillstands am eingefrorenen Abriss höchstens ironisch wirkte, sind vorbei: In diesem Jahr wird sich auch das Gesicht der Stadt merklich verändern. Ein Rundgang.

Museum im Tor zur Altstadt

Die Eröffnung ist für den 4. November 2022 vorgesehen. Zum Tag der Städtebauförderung aber öffnete Wolfratshausen schon einmal die Türen zum Untermarkt 10 und gab Einblicke, wie es nach der Sanierung aussehen kann. (Foto: Hartmut Pöstges)

Das gelbe Gebäude am Untermarkt 10 ist mit seinem Türmchen und seinen Säulenarkaden ein prominenter Blickfang und so etwas wie das Tor zur Altstadt. Dieses soll schon bald frisch herausgeputzt erstrahlen und ein Anlaufpunkt für alle Bürger und Gäste werden, mit einer Tourist-Info und einem Laden im Erdgeschoss sowie dem neuen Museum Wolfratshausen im Obergeschoss. Das denkmalgeschützte Gebäude wird dafür - nach langem Investitionsstau - derzeit von der Städtischen Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft (Stäwo) kernsaniert. 4,5 Millionen Euro lässt sich die Stadt das kosten, der Freistaat fördert das Projekt mit 1,2 Millionen.

Vom neuen Glanz ist derzeit aber noch nicht allzu viel zu sehen. Die Fenster sind verrammelt, das Gebäude größtenteils eingehaust. Die Arbeiten gehen jedoch voran, wie Stäwo-Geschäftsführer Robert Alischer versichert. Wenn auch zuletzt etwas zäh. Schließlich müssen sie mit den verschiedenen beteiligten Behörden abgestimmt werden. Im Obergeschoss müsse der Boden anders als vorgesehen komplett erneuert werden, sagt Alischer. Auch habe es eine Weile gebraucht, bis man mit der Stadt, der Regierung von Oberbayern und dem Denkmalschutz eine Lösung für die Fensterfronten und den Eingangsbereich im Erdgeschoss gefunden habe. Nach intensiven Gesprächen habe man aber einen Kompromiss gefunden. "Das Wichtigste ist, dass alle an einem Strang ziehen und wir eine gemeinsame Lösung finden", sagt Alischer. "Jetzt sind wir am Zug. Wir haben ein paar Hausaufgaben gekriegt, müssen Zeichnungen machen und die freigeben lassen." Am Zeitplan hält der Stäwo-Geschäftsführer aber fest. Für die Fertigstellung des Erdgeschosses mit Laden und Tourist-Info bleibe es bei Frühjahr, sagt Alischer. Dennoch könne es Mai werden, bis die Räume übergeben werden können. Voraussichtlich im März und April könne man auch mit der Gestaltung der Freiflächen beginnen und die Einhausungen entfernen, falls die Witterung es zulässt. Der Aufzug am Rückgebäude ist bereits eingebaut und soll demnächst seine Glasverkleidung erhalten. Das Obergeschoss werde man dann voraussichtlich ebenfalls im Mai an die beauftragten Museumsgestalter übergeben können. Laut derzeitigem Plan soll es im Herbst eröffnet werden.

Warten aufs Rathauscafé

Auch das Rathauscafe wird umgebaut. Die Eröffnung wurde immer wieder verschoben und soll nun in der warmen Jahreszeit erfolgen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wenige Schritte weiter am Loisachufer saniert die Stäwo gerade das Rathauscafé. Die neuen Pächter Michaela und Hans-Joachim Kunstmann wollten erst im August 2021, dann zu Weihnachten eröffnen. Nun aber wird es wohl bis zur Freischankflächen-Saison dauern. Die Arbeiten, die sich schon über ein Jahr erstrecken, werden vermutlich ebenso lange dauern wie am Untermarkt 10, schätzt Stäwo-Geschäftsführer Robert Alischer - bis in den Mai. Grund für die Verzögerung seien vor allem coronabedingte Lieferschwierigkeiten bei der Lüftungsanlage gewesen. Zwar seien inzwischen einige Teile eingetroffen, sagt Alischer, "aber noch nicht alle". Um Zeit zu sparen, würden parallel Arbeiten ausgeführt, die eigentlich erst nach dem Einbau der Lüftung erfolgen sollten, wie Malern, Fliesen oder Bodenbeläge. Wenn die Übergabe im Frühling erfolgt, muss Kunstmann noch den Gastraum möblieren und die Küche ausstatten.

Rohbau statt Ruine

Das einstige Isar-Kaufhaus ist Geschichte. Dort entsteht ein Neubau mit Laden, Praxen und Wohnungen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die wohl prominenteste Baustelle in der Wolfratshauser Altstadt liegt am Untermarkt. Mehr als ein Jahr lang versetzte dort die halb abgerissene Ruine des einstigen Isar-Kaufhauses so manchen Besucher in ungläubiges Staunen, die Wolfratshauser hatten sich wohl oder übel daran gewöhnt. Doch das ist Geschichte: Die Untermarkt 7-11 GmbH, die dort als Tochter der Grünwalder Scherbaum AG einen Neubau errichtet, hat sich nach langem juristischen Zwist mit den Nachbarn geeinigt; sie konnte den Abriss vergangenes Jahr vollenden. Mit dem Neubau, der sich äußerlich am ehemaligen Kaufhaus orientieren soll, wurde begonnen. Es geht voran. Derzeit sei man mit dem Rohbau des Untergeschosses beschäftigt, berichtet Projektleiter Frank Maiberger. Nach Einbau der Decke könne man dann Stock für Stock nach oben bauen und nach und nach auch die Stützbauwerke zur Sicherung des Nachbargebäudes entfernen.

Die neue Fassadenansicht lehnt sich weitgehend an das ehemalige Isar-Kaufhaus an. (Foto: Harry Wolfsbauer/Tom Ferster / oh)

"Wir liegen im neuen Zeitplan", sagt Maiberger. Der Rohbau soll demnach bis Herbst fertig sein, bis zum Jahresende könne man etwa die Hälfte der Ausbaugewerke schaffen, schätzt der Projektleiter. Spätestens im Frühjahr 2023 soll der Neubau komplett fertig sein. Einziehen werden dort das Drogeriegeschäft Müller im Erd- und Obergeschoss sowie voraussichtlich zwei Arztpraxen. Darüberhinaus soll es laut Maiberger noch fünf Wohnungen in dem Gebäude geben. Für Kunden des Ladens wird am Hang zum Bergwald auf dem Grundstück hinter der Happ'schen Apotheke ein Parkplatz mit 29 Stellplätzen errichtet. Dafür müsse der Boden teilweise ausgetauscht werden, sagt Maiberger. Die Arbeiten seien wegen der schmalen Zufahrt besonders herausfordernd.

Ein neues Quartier am Bahnhof

Auf dem einstigen Kraft-Areal entstehen 117 Wohnungen und ein Supermarkt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Deutlich zügiger verlaufen die Bauarbeiten beim zweiten Großprojekt, das Maiberger in der Wolfratshauser Innenstadt betreut. Auf dem ehemaligen Kraft-Areal am Bahnhof lässt die ebenfalls zur Scherbaum-Gruppe gehörende Loisachauen Quartier GmbH & Co. KG 117 Wohnungen und einen Supermarkt errichten. Das bislang größte Wohnungsbauvorhaben in Wolfratshausen kommt gut voran, wie Maiberger berichtet. Beim lang gezogenen, südlichen Bau, der einen Edeka-Markt und darüber 47 Wohnungen beherbergen wird, sei man derzeit mit dem Rohbau im Erdgeschoss beschäftigt; beim nördlichen Gebäude mit insgesamt 70 Wohnungen sei man bereits im dritten Obergeschoss angekommen. In etwa drei Monaten, sagt Maiberger, soll der Rohbau stehen, der südliche Bau mit Supermarkt voraussichtlich im Spätsommer. Spätestens im Frühjahr 2023, so der Projektleiter, sollen alle Wohnungen und der Supermarkt fertig sein.

Das Kraft-Areal soll zu einem modernen neuen Quartier mit Supermarkt und nachhaltiger Stromversorgung werden. (Foto: Bayernwerk/oh)

Im neuen Loisachquartier, wie die Anlage heißen soll, wird es auch eine maßgeschneiderte "Quartierslösung" zur nachhaltigen Strom- und Wärmeversorgung geben, welche die Bayernwerk Natur GmbH in Zusammenarbeit mit den Bauherren entwickelt. Laut Pressemitteilung des Stromversorgers sollen dort zwei Blockheizkraftwerke die Gebäude mit Heizung und Warmwasser versorgen und per Kraft-Wärme-Kopplung auch 100 Kilowatt elektrische Energie liefern. Überschüssiger Strom könne ins öffentliche Netz eingespeist werden. Zudem sollen Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach eine Leistung von 120 Kilowatt erzeugen. In der Tiefgarage soll es vier Ladestationen für Elektroautos geben, die bei Bedarf erweitert werden können.

Denkmal mit Neubau für alle Generationen

An der Sauerlacher Straße baut die Maro ihr Mehrgenerationen-Projekt. Noch ist davon nicht viel zu sehen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auch auf dem Grundstück an der Sauerlacher Straße 15 wird sich bald einiges verändern. Dass dort die Maro-Genossenschaft ein Mehrgenerationenprojekt entwickelt, ist zwar schon länger auf Plakaten an den Bauzäunen zu lesen, bislang aber war davon wenig zu sehen. Doch die Genossenschaft aus Ohlstadt, die das Grundstück im Erbbaurecht von der Stadt erworben hat, um dort den denkmalgeschützten Altbau zu sanieren und einen Neubau mit zwei Baukörpern für insgesamt 24 teils geförderte Wohnungen zu errichten, hat mit den Arbeiten schon am 24. Januar begonnen. Derzeit fänden noch kleinere Abbrucharbeiten im Inneren des Alten Krankenhauses statt, sagt Maro-Projektleiter Ralf Schmid: Böden und Bäder würden herausgerissen, die Decke des Kellers müsse gesichert werden. In diesen Tagen wird mit dem Aushub der Baugrube für die Tiefgarage begonnen, die mit Stahlträgern abgesichert werden muss. Der Neubau - ein Riegel hinter dem Altbau und ein Kopfgebäude zum Floßkanal hin - soll von Mai an laufen, sagt Schmid. "Unser Ziel ist es, dass wir bis Ende des Jahres das Dach drauf haben." 2023 soll parallel der Innenausbau des Neubaus und des denkmalgeschützten Altbaus stattfinden, in dem oben zwei Wohnungen und im Erdgeschoss zwei Büros entstehen. Zudem sollen die Außenanlagen gestaltet werden. Im Winter 2023 könnte das Projekt laut Schmid komplett fertiggestellt werden.

Der denkmalgeschützte Altbau steht vor dem künftigen Neubau. (Foto: Hartmut Pöstges/Florian Nagler)

Unterdessen schreitet die Vergabe der genossenschaftlichen Wohnungen voran. 18 seien bereits alten und neuen Genossenschaftsmitgliedern zugesprochen, sechs seien noch zu haben. Das gilt auch für die Büroflächen im Altbau. Dort sollte ursprünglich der Nachbarschaftshilfeverein Bürger für Bürger unterkommen, die Räumlichkeiten aber entsprachen nicht seinen Anforderungen. Es gebe Interessenten, sagt Schmid, die Entscheidung stehe aber noch aus. Für die künftigen Mieter will die Maro im Herbst den "Bewohnerprozess" starten: Bei regelmäßigen Treffen werden zwei Haussprecher gewählt und Arbeitsgemeinschaften gebildet, etwa für den Gemeinschaftsraum, den Garten oder das Mobilitätskonzept, das ein Car-Sharing-Auto in der Tiefgarage für alle Wolfratshauser vorsieht sowie für die Bewohner ein elektrisches Lastenrad und drei E-Bikes.

Der denkmalgeschützte Alte Krankenhaus aus der Biedermeierzeit soll vor dem Innenausbau noch einmal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden: Am Tag des offenen Denkmals, der heuer am 11. September stattfindet, plant die Maro mit den Denkmalschutzbehörden dort einen Tag der offenen Tür, wie Schmid ankündigt. Die Räume könne man dann noch einmal in ihrem Originalzustand sehen und auch die frei gelegten Wandmalereien in der ehemaligen Kapelle bewundern.

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