Wirtschaft und Pandemie in Bad Tölz:Corona trifft kleine Firmen

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Nach einer statistischen Analyse von Kämmerer Hermann Forster sind in der Pandemie 74 von 426 Kleinbetrieben in Bad Tölz verschwunden. Insgesamt zeigen sich die Unternehmen bisher aber robust - die Gewerbesteuer sprudelt.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Durch die Corona-Pandemie ist Bad Tölz bislang ohne finanzielle Havarie gesegelt, was vor allem daran liegt, dass die Gewerbesteuer unerwartet stark sprudelt. 8,02 Millionen Euro nimmt die Stadt heuer ein, dies sind 700 000 Euro mehr als ursprünglich kalkuliert. Dabei sind von 2058 Gewerbebetrieben in der Kurstadt gerade einmal 495 steuerpflichtig, wie Kämmerer Hermann Forster berichtet: "Das sind nur 24 Prozent." Mit seiner statistischen Analyse, die er dem Hauptausschuss des Stadtrats vorlegte, wirft er vor allem ein Schlaglicht auf die Folgen der Corona-Krise. Die traf in Bad Tölz vornehmlich kleine Betriebe, die weniger als 10 000 Euro Gewerbesteuer im Jahr zahlen. Von ihnen gab es vor der Pandemie noch 426, davon sind 352 übrig geblieben.

Forster vergleicht in seiner Auswertung den Zeitraum zwischen 2019 und 2021 - und zwar mit Blick auf die Steuervorauszahlungen der Firmen. Die seien in den vergangenen zwei Jahren um 22,8 Prozent gestiegen, wohingegen die Zahl der Betriebe sich um 10,6 Prozent verringerte. Was eben an Corona liegt: "Im unteren Bereich sind wohl viele Betriebe wegen der Krise aus dem Kreis der Zahler ausgeschieden", erklärt der Stadtkämmerer.

Bad Tölz ist - anders als etwa Penzberg vom Pharmakonzern Roche - nicht von einem Großunternehmen abhängig. Ein Umstand, den Forster in seinen jährlichen Haushaltberichten oftmals als Vorzug deklariert. Die Kurstadt, sagt er, habe eine gesunde mittelständische Struktur. Insgesamt seien zehn Firmen angesiedelt, die mehr als 100 000 Euro Gewerbesteuer im Jahr zahlen, drei davon sogar mehr als 250 000 Euro. Vor Corona waren es sieben, wovon zwei jeweils gut eine Viertelmillion aufbrachten. Das Steueraufkommen durch diese großen Betriebe stieg von rund 1,5 auf heuer rund 2,4 Millionen Euro. Insgesamt nahm es in den vergangenen beiden Jahren von 6,53 auf nunmehr 8,02 Millionen Euro zu.

"Das ist sehr erstaunlich", findet der Tölzer Kämmerer. Allerdings räumt er ein: "Das liegt nicht alleine an uns, sondern auch daran, dass landesweit die Gewerbesteuer um 23 Prozent angezogen hat." Dies sei jedoch nicht linear der Fall, denn von Kommune und Kommune sehe man zum Teil "erhebliche Verwerfungen". Als Beispiel nennt er den Impfstoff-Hersteller Biontech, durch den die Stadt Mainz heuer eine Milliarden-Einnahme bekommen habe. Auf der anderen Seite, so Forster, "gibt es genug Beispiele in der näheren Umgebung, wo es nach unten gegangen ist". In Bad Tölz seien "keine großen Sprünge" zu erkennen, meint der Kämmerer. Mit Ausnahme eben der kleinen Gewerbesteuerzahler: "Da sieht man die Corona-Wirkungen, es sind viele Kleinunternehmer, die kippen jetzt weg."

Bei Betrieben, die mehr als 10 000 Euro im Jahr berappen müssen, hat der Stadtkämmerer auch einen Branchenvergleich angestellt. Von der Pandemie profitierten in Tölz demnach die Banken, die Immobilienfirmen und die Versicherungen, ebenso Handwerk und Bau, außerdem jene Unternehmen, die Medizinprodukte herstellen. Zu den Verlierern gehören neben der Industrie vor allem Gaststätten und Hotels. In dieser Branche gab es in Tölz im Jahr 2019 noch elf Gewerbesteuerzahler, jetzt sind es lediglich noch fünf. Der Handel bleibt dagegen mit 22, respektive 21 Vorauszahlern ziemlich konstant.

Die Zahlen vor und nach Corona seien "sehr interessant", meint Bürgermeister Ingo Mehner (CSU). Allerdings dürfe die Stadt bloß die Branchengruppen angeben, um nicht Rückschlüsse auf einzelne Unternehmen zu ermöglichen. Im Hauptausschuss hüllte sich Forster deshalb auch auf eine Nachfrage von Stadtrat Peter von der Wippel (FWG) in Schweigen, der wissen wollte, wer für die Gewerbesteuer besonders wichtig sei. "Da muss man auf das Steuergeheimnis aufpassen", sagte der Kämmerer. Stadtrat Josef Steigenberger (CSU) zeigte sich verblüfft darüber, dass die Immobilienbranche in der Krise profitiert hat - "obwohl man das Gefühl hat, dass nichts auf dem Markt zum Kaufen da ist". Für Forster ist dies indes kaum verwunderlich: "Das Meiste geht da unter der Hand weg, bevor es publik wird."

© SZ vom 22.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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