Vorsicht Falle:Inspektor Lügenbeutel

Lesezeit: 2 min

In Wolfratshausen werden derzeit zahlreiche Bürger von Betrügern angerufen, die sich als Polizisten oder Verwandte ausgeben. Die Polizei warnt - und auch bei den Banken ist man wachsam.

Von Nora Schumann, Wolfratshausen

Die Wolfratshauser werden derzeit verstärkt von Telefonbetrügern heimgesucht. Wie die Polizei mitteilte, kam es in sämtlichen Stadtteilen jüngst zu zahlreichen Anrufen. Bei den Betrugsversuchen gaben sich die Anrufer als Polizeibeamte aus und wollten Informationen zu den Wertgegenständen im Haus haben.

Als "absolut dreist" bezeichnet Steffen Frühauf, stellvertretender Dienststellenleiter der Wolfratshauser Polizei, die Masche. So sei eine im Isarring wohnende Wolfratshauserin am Telefon gefragt worden, ob ihr zuletzt ein Ausländer oder ein weißer Pkw aufgefallen sei. Der Mann sei festgenommen worden und man habe bei ihm einen Zettel mit ihrem Namen gefunden. Daraufhin wurde die Frau von den falschen Polizisten gezielt nach Geld und Gold befragt. Außerdem wollte der Anrufer wissen, ob sie jüngst Überweisungen getätigt hätte und habe gefordert, dass die Wolfratshauserin ihre Kontoauszüge bereithalten solle, so die Polizei.

Bei einer Frau aus der Tiroler Straße rief ein vermeintlicher "Inspektor" an. Der erfragte, ob ihr etwas abhandengekommen sei. Laut Aussage der Polizei kam der Wolfratshauserin das Gespräch suspekt vor, auch wenn ihr eine angebliche "Dienstnummer" genannt wurde. Unbeeindruckt beendete sie das Gespräch und informierte die Polizei. Bislang haben alle der Angerufenen so geistesgegenwärtig reagiert. Genau dieses Vorgehen empfiehlt auch Steffen Frühauf: "Auflegen und die Polizei schnellstmöglich informieren", sagt er.

Warum sich die Fälle in Wolfratshausen so häufen, erklärt der Polizeihauptkommissar mit der praktischen Umsetzung des Betrugs: Die Geldübergabe fände persönlich statt, Überweisungen würden von den Tätern vermieden. Deshalb müssten sich die kriminellen Anrufer auf einen Ort konzentrieren, an dem auch lokal die Übergabe stattfinden könne, so Frühauf. "Mann muss davon ausgehen, dass die Täter sich einen Ort aussuchen, an dem sie es solange probieren, bis sie den Richtigen erwischen." Die Masche sei nach wie vor erfolgreich, "alle paar Monate übergibt ein Senior all seine Ersparnisse", erklärt Frühauf. Vor ein paar Wochen habe es einen solchen Fall auch im Landkreis gegeben.

Den Beamten sind in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden. Sie können erst aktiv werden, wenn sich Betroffene oder Geschädigte bei ihnen melden. "Die Täter können ihre Rufnummer verschleiern", erklärt Frühauf. "Sie rufen meistens unter einer lokalen Nummer an." Für die Polizei ist eine Rückverfolgung dann technisch nicht mehr möglich. Nur wenn Betroffene sich unmittelbar vor einer Geldübergabe bei den Beamten melden, sei eine Ergreifung der Täter wahrscheinlich. Dies sei jedoch mit Risiken für die jeweilige Person verbunden, erklärt der Hauptkommissar.

Damit es gar nicht erst so weit kommt, ist die Polizei in Wolfratshausen präventiv tätig geworden. Neben einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit haben die Beamten die lokalen Banken dazu aufgerufen, mehr Wachsamkeit an den Tag zu legen. Wenn ältere Menschen große Mengen Bargeld abheben wollten, könnten die Bankangestellten schon mal nachfragen, wofür die Summe gedacht sei, findet Frühauf. Im Zweifel würden dann die Angehörigen informiert.

Die VR Bank erhält wöchentlich Hinweise zum Umgang mit möglichen Betrugsfällen. Den Mitarbeitern werde anhand konkreter Fälle geschildert, wie die Täter vorgehen, erklärt Peter Wein, Pressesprecher der VR Bank im Münchner Land. "Von der Polizei gibt es auch Checklisten, wie man sich am besten verhält", sagt er. Auch bei den Sparkassen im Landkreis ist das Thema "nicht ganz neu", erklärt Pressesprecher Willi Streicher. Trotzdem sei es ein "ganz sensibler Bereich", Kunden zu fragen, was sie mit ihrem Geld vorhätten. "Da hilft es, wenn man die Kunden lange kennt", sagt Streicher. Eine andere Strategie könne darin bestehen, den vermeintlichen potenziellen Opfern im Gespräch von der Betrugsmasche zu erzählen und auf einen Aha-Effekt zu hoffen, so Streicher.

© SZ vom 04.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: