Kunst und Wissenschaft:Wie Paul Hupfauer das Kloster Beuerberg auflöste

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Kloster und Dorf Beuerberg um 1860. (Foto: Walter Bayer/Diözesanmuseum Freising)

Die neue Chronik "1021" beleuchtet 900 Jahre Klostergeschichte - und die ambivalente Rolle des letzten Propstes. Am Wochenende wird das 500 Seiten starke Werk vorgestellt.

Von Benjamin Engel, Eurasburg

Womöglich sind Klöster wie Beuerberg am eigenen Erfolg als Kultur- und Bildungszentren zumindest teilweise zugrunde gegangen. Das mag überspitzt ausgedrückt scheinen. Doch als die Ideen der Aufklärung in den Jahrzehnten vor 1800 herrschende Machtverhältnisse infrage zu stellen begannen, boten die Klöster insbesondere für bildungsferne Schichten beste Möglichkeiten für eine Wissenschaftskarriere abseits der Universitäten.

Exemplarisch dafür steht der Miesbacher Bauernsohn Franz Hupfauer (1747-1808). Als Novize trat er 1769 ins Beuerberger Augustiner-Chorherrenstift ein und unterrichtete in den 1780er-Jahren als Professor am Münchner Lyzeum. Im Kloster wurde er dafür kritisiert, sich zu modisch zu kleiden, öffentliche Wirtshäuser und private Gesellschaften zu besuchen und wohl auch aufklärerischem Gedankengut zu nahe zu stehen. Die Pointe: Unter seinem Ordensnamen Paulus wurde Hupfauer 1802 für weniger als ein Jahr letzter Propst des Augustiner-Chorherrenstifts, ehe es der Staat in der Säkularisation auflöste.

Statt sich dagegen zu wehren, rechtfertigte Hupfauer die Säkularisation. In seinen "Zehn Paragraphen über das Klosterwesen in Baiern" argumentierte er, dass die Mönche trotz früherer wichtiger kultureller Leistungen keinem wichtige Zweck mehr dienten, ihr Besitz und Vermögen für gemeinnützige Ausstattung wie besser ausgestattete staatliche Bibliotheken vernünftiger einzusetzen sei.

"Viele, die um 1800 ins Kloster eintraten, sind nicht Mönche geworden, weil sie von der Lebensweise überzeugt waren, sondern suchten intellektuelle Betätigung", sagt Anna-Laura de la Iglesia. Gemeinsam mit dem Direktor des Freisinger Diözesanmuseums, Christoph Kürzeder, hat die Kunsthistorikerin den Band "1121 - 900 Jahre Kloster Beuerberg" herausgegeben. Beide werden das knapp 500 Seiten umfassende Kompendium zu allen Aspekten der Klosterhistorie - von Ökonomie und Dorfleben bis zu Architektur, Kunst und Bildung - beim Themenwochenende am kommenden Wochenende in der Kapelle der Beuerberger Anlage vorstellen (Sonntag, 26. Juni, 11.30 Uhr). Auch die schillernde Persönlichkeit Franz Hupfauer ist darin ausführlicher beschrieben.

Der Beuerberger Klosterorganist Eberhard Vogel (1751-1828) macht auf dem Gemälde in der früheren Stiftskirche sein Selbstverständnis als Komponist deutlich: "Nichts Vergleichbares wurde je erdacht", steht in Latein auf dem Notenblatt. (Foto: Walter Bayer/Diözesanmuseum Freising)
In der Chronik von Benno Zaisberger aus dem frühen 18. Jahrhundert ist Propst Balthasar Schropp (1615-1619) im zu seiner Amtszeit neu gestalteten Refektorium zu sehen. Es ist die einzig überlieferte Bilddarstellung von Klosterinnenräumen vor dem Neubau des 18. Jahrhunderts. (Foto: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising)

Klar strukturiert die aufwendig gestaltete Veröffentlichung, wie das Dorf durch den Innovations- und Wissenstransfer des Klosters profitierte, wie beide voneinander abhängig waren. Die Mönche brauchten die Bewohner als Arbeitskräfte in ihren Ökonomiebetrieben, boten so der Bevölkerung Einkommensmöglichkeiten und durch die Klosterschule Wissenstransfer.

Wie dies in der Praxis aussah, können die Besucher am Wochenende bei Workshops und Führungen erfahren. So führt etwa Sibylle Reinicke am Samstag, 25. Juni, von 14.30 Uhr an durch den Klostergarten und zeigt, wie sich Heilpflanzen für die Gesundheit nutzen lassen. Unter Anleitung von Martina Mair kann man im Klostergarten selbst kreativ werden und sich zum Malen und Zeichnen inspirieren lassen (13 bis 17 Uhr). Ebenso am Samstag werden die heimischen Tiere aus dem Klostergarten zum Vorbild, um kunstvolle Marionettenfiguren zu formen (offenes Atelier mit Elke Härtel; 13 bis 17 Uhr).

Um die Rose geht es am Sonntag, 26. Juni, beim Aquarell-Workshop "Zart und Zauberhaft" (13 bis 17 Uhr) sowie beim Rundgang rund um das Kloster (Beginn 14 Uhr). Zu erfahren ist, was die Pflanze als Königin unter den Blumen so besonders und symbolhaft aufgeladen macht. Ilse Wagner führt von 14 bis 15 Uhr durch die frühere Beuerberger Stiftskirche. An beiden Tagen gibt es zudem Konzerte in der Reihe "Klosterklänge".

Derzeit arbeitet die Erzdiözese München und Freising intensiv daran, dass das Beuerberger Kloster seine Rolle als Kultur- und Bildungszentrum weiterführen kann. Bis 2023 soll der Josefstrakt für Übernachtungen samt Kramerladen und Café umgebaut sein. Der restliche Komplex soll als Kultur- und Seminarzentrum genutzt werden. Wegen der Sanierungsarbeiten entfallen die bislang gewohnten Ausstellungen. Bis auf das Refektorium sind am Themenwochenende keine Innenräume zugänglich.

"1121 - 900 Jahre Kloster Beuerberg", Volk-Verlag, ISBN 978-3-86222-402-9, 50 Euro; Infos zum Themenwochenende unter www.dimu-freising.de

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