Versuchter Totschlag eines Polizisten:Masskrugwerfer festgenommen

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Nach Ausschreitungen bei der Geretsrieder Sonnwendfeier muss sich ein 18-Jähriger wegen versuchten Totschlags verantworten. Gegen drei weitere Jugendliche wird ermittelt. Die Polizei sucht Zeugen, um alle Täter zu fassen.

Von Konstantin Kaip und Claudia Koestler, Geretsried

Bei der Sonnwendfeier auf der Geretsrieder Böhmwiese ist es in der Nacht zum Sonntag zu massiven Ausschreitungen gekommen, bei denen ein Polizist mit einem Masskrug beworfen und erheblich verletzt wurde. Beteiligt waren etwa 20 Männer aus der Umgebung, die Straftaten wie massive Beleidigung, Körperverletzung und Landfriedensbruch begangen haben sollen. Den mutmaßlichen Masskrugwerfer konnte die Kriminalpolizei inzwischen ermitteln und festnehmen. Der 18-Jährige muss sich nun wegen versuchten Totschlags verantworten.

"Es war eigentlich eine sehr schöne, friedliche Sonnwendfeier", sagt Helmut Hahn, erster Vorsitzender der "Eghalanda Gmoi", die das Feuer veranstaltet hat. Nach dem offiziellen Ende um Mitternacht seien noch etwa 100 Personen um das Feuer gesessen, um gemütlich ihr Bier auszutrinken. 150 Meter abseits sei es dann auf der Böhmwiese aber zu heftigen Diskussionen gekommen: eine Gruppe junger Männer, die eigenen Schnaps mitgebracht hatte, habe das Gelände auch nach mehrfacher Aufforderung nicht verlassen wollen. "Die Stimmung war sehr aggressiv", erinnert sich Hahn. Weil die unbekannten jungen Männer die Aufforderungen der Veranstalter ignoriert hätten, habe er sich entschlossen, die Polizei zu Hilfe zu holen. Als die Beamten die Gruppe umringte, kam es zu schweren Handgreiflichkeiten.

Nach Angaben des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd richteten sich die Aggressionen der Gruppe umgehend gegen die Polizisten. "Neben massivsten Beleidigungen kam es zu Widerstandshandlungen und Körperverletzungsdelikten, aber auch zur versuchten Gefangenenbefreiung und zum Landfriedensbruch, als die Personalien Einzelner festgestellt werden sollten", heißt es im Polizeibericht. Die Auseinandersetzungen gipfelten darin, dass ein junger Mann einen Masskrug auf einen 38-jährigen Polizisten warf. Der Krug traf den Beamten im Oberkörperbereich, er musste daraufhin im Krankenhaus behandelt werden. "Nur glücklichen Umständen ist es wohl zu verdanken, dass die erlittenen Verletzungen zwar erheblich, aber nicht sehr schwer oder gar lebensbedrohlich ausfielen", erklärt dazu Polizeipressesprecher Stefan Sonntag.

Nach Ansicht der Kriminalpolizei, die die Ermittlungen übernahm, hat der Werfer den Masskrug als Waffe eingesetzt und gezielt gegen den Polizisten geworfen. Deshalb muss er sich wegen versuchten Totschlags verantworten. Den mutmaßlichen Masskrugwerfer konnte die Kripo Weilheim noch am Sonntagnachmittag festnehmen. Der 18-Jährige räumte bei seiner Vernehmung den Wurf auch ein. Er wurde am Montag auf Antrag der Staatsanwaltschaft München II wegen versuchten Totschlags dem Ermittlungsrichter vorgeführt, der dem Haftantrag entsprach. Der junge Mann kam in Untersuchungshaft in eine Justizvollzugsanstalt. Zudem konnte die Polizei drei weitere Beteiligte im Alter zwischen 16 und 19 Jahren ausfindig machen, gegen die strafrechtliche Ermittlungen wegen Delikten wie Körperverletzung und Beleidigung laufen. Die Situation in der Nacht auf Sonntag sei jedoch "sehr unübersichtlich" gewesen, sagt Sonntag. Die Polizei sucht weiterhin Zeugen, um die Abläufe zu rekonstruieren, alle Beteiligten zu ermitteln und die Straftaten zuzuordnen. Sie sollen sich entweder unter Telefon 0881/6400 an die Kriminalpolizei Weilheim oder unter Telefon 08171 / 93510 an die Polizeiinspektion Geretsried wenden.

Ein "Alarmzeichen" sieht der Präsident des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Robert Koch, in den Vorfällen. "Ich sehe es mit großer Besorgnis, dass Polizeibeamte und Rettungskräfte schon aus nichtigen Anlässen immer öfter zur Zielscheibe von Aggression, brutaler Gewalt und zunehmender Verrohung werden", erklärt er. Die Polizei werde nun "sehr akribisch und konsequent ermitteln". Er hoffe auch "auf deutliche Strafen durch die Justiz". Bei der "Eghalanda Gmoi" ist man bestürzt über den Ausgang des Abends. "Der Verein macht die Sonnwendfeier seit mehr als 70 Jahren", sagt Hahn. "Ich selber bin seit 40 Jahren dabei. So etwas hatten wir noch nie."

© SZ vom 26.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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